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Klönschnack Nachbarschaft

Musik als gemeinsame Sprache der Neckarstadt

Mehr als drei Jahrzehnte im Musikgeschäft, hat Christiane Brasse-Nothdurft Generationen von Kindern musikalisch geprägt. Für sie spricht die Neckarstadt eine Sprache: Musik. Unsere Autorin Christin Fuchs trifft sich zum Klönschnack mit der langjährigen Kirchenmusikdirektorin der Evangelischen Gemeinde in der Neckarstadt.

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Gäbe es eine Feierabendbank in der Neckarstadtgemeinde, so stünde sie auf der Melanchthonwiese; an einem lauschigen Platz zwischen Hecken und Büschen und mit glitzernder Abendsonne.

Gebürtig aus Herford, gehöre ein Bierchen zum Klönschnack – Herforder Pils –, so verrät es mir die Kantorin. Das erinnere sie an ihre ostwestfälische Heimat. Eine Heimat, in der eine Feierabendbank zu jedem Haus dazugehört. Sie kennt ihn gut, diesen Ort, an dem man nach getaner Arbeit kurz verweilt und auf den Tag zurückblickt, über Gott und die Welt spricht und ein Stück zusammenwächst mit dem, der gegenüber, in der nächsten Straße oder am anderen Ende des Ortes wohnt.

In Gedanken hängt sie noch ihrem letzten Termin nach, als wir Platz nehmen. Das ist deutlich zu spüren. Christiane Brasse-Nothdurft (im Gesprächsverlauf abgekürzt: CBN) ist Profi genug, diesen Umstand weg zu schieben und ich nutze die Gelegenheit, zunächst etwas über ihren Werdegang herauszufinden.

Wie hat es Sie nach Mannheim verschlagen, Frau Brasse?

CBN: Ich habe Kirchenmusik studiert. Durch die Arbeitsstelle meines Mannes in Frankenthal lag es nahe, mich um die Leitung der Melanchthonkantorei zu bewerben, die ich im Alter von 26 Jahren übernahm. 37 Jahre Chorleiterin komplett an einem Standort zu sein und in ein und derselben Kirche: damit bin ich gewissermaßen ein Fossil. Das ist in unserer Zeit in der Tat eine Seltenheit, für mich persönlich allerdings ein großes Glück. Denn die Neckarstadt hatte und hat ein enormes Potential.
So habe ich in all den Jahren viele Möglichkeiten gefunden, mich zu entfalten und eine große Zahl von Menschen für meine Chorarbeit mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern zu interessieren.

Wie war das Ankommen in einer Stadt wie Mannheim? Das ist doch sicher eine andere Welt als das norddeutsche Herford.

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Die gebürtige Herforderin ist seit mehreren Jahrzehnten in der Neckarstadt | Foto: Thomas Müller

CBN: Das habe ich als ganz einfach empfunden. Durch meine Arbeit erreiche ich bestimmte Menschen. Menschen, die für die Musik aufgeschlossen sind. Und über dieses Medium gibt es schnell einen Kontakt. Darüber hinaus finde ich, dass Mannheim herzlich, offen und liberal ist. Ich würde sagen; Mannheim hat es mir einfach gemacht.

(Lacht)

Ich spreche zwar bis heute die „Schbrooch“ nicht; das ist irgendwie gar nicht an mich rangekommen, aber ansonsten: gute Kontakte, unkompliziert. Und dann die Neckarstadt: so günstig gelegen; die City, der Bahnhof, das Theater, alles um die Ecke; ein ausgesprochen praktischer Stadtteil. Kurze Wege, viele Menschen auf kleinem Raum, super.

Sie kennen die Neckarstadt schon eine ganze Weile. Was macht sie aus und wie hat sie sich verändert?

CBN: Es ist ein Stadtteil mit einem steten Wechsel und das in positivem Sinne. Die Menschen kommen und gehen. Viele Studenten, die neu hier ankommen und die sich dann bei mir im Chor melden, weil sie auch hier an ihrem neuen Wohnort weiterhin Musik machen wollen. Paare, die hier leben und dann eine Familie gründen. Von denen viele dann natürlich wegziehen, weil sie kein bezahlbares Häuschen finden. Auf der anderen Seite kommen Studenten und Berufsanfänger, weil man hier eine bezahlbare kleine Wohnung finden kann. Viele Mediziner aus dem Klinikum, Künstler, Kulturschaffende; die Mischung macht’s.

Das Viertel hat einen sehr eigenen Charakter, ein echter Kiez: die Flussstraßen mit ihren Reihen- und einzelstehenden Häusern, in denen es eher bürgerlich zugeht, die Miets- und Hochhäuser, in denen wieder andere interessante Menschen leben, dann die Altbaustraßen um Uhland & Lenau, in denen die Künstler so gerne wohnen.

Die Gentrifizierung mit hohen Mieten und einem immer teurer werdenden Viertel hat in den letzten Jahren für viele Diskussionen gesorgt. Sie kennen das Viertel schon einige Jahrzehnte. Nehmen Sie diesen Wandel in der Neckarstadt wahr?

CBN: Steigen die Mieten nicht überall gerade enorm? (überlegt und schüttelt dann den Kopf) Für mich ist die Neckarstadt sich mit ihrem Kiezcharakter treu geblieben.

Mit Ihren Aufführungen sind Sie weit über Mannheim bekannt und wer schon einmal eine Ihrer Proben erlebt hat, weiß, mit wieviel Herzblut Sie dabei sind. Was treibt Sie an nach über dreißig Jahren in Ihrem Beruf?

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CBN: Ich nenne es M&M — Musik & Menschen. Mit Musik lassen sich Menschen gewinnen und zusammenführen. Das ist es wohl, was mich antreibt und was immer noch funktioniert. Und ja, ich bin mit Herzblut dabei, das darf ich wirklich von mir sagen.

Im Kirchenleben selbst hat sich dramatisch viel geändert. Halbierte Mitgliederzahlen in den letzten 30 Jahren, eine Kirche in der Neckarstadt wurde abgerissen und drei Gemeinden der Neckarstadt fusioniert. Zuschüsse der Kirche für die Musik wurden drastisch gekürzt. Alles, was diesen Beruf äußerlich ausmacht: Baubestand, Finanzierung, Räume, Personal, hat sich stark verändert.

Gerade komme ich wieder von einer Strategiebesprechung und ich sage Ihnen, es ist herausfordernd, immer wieder große Chor-Projekte anzugehen bei diesen reduzierten Rahmenbedingungen.

Dass die Kirchenmusik an Melanchthon ein fester Anker geblieben ist, das ist ein großes Glück. Durch die Musik gelingt es selbst in diesen schwierigen Zeiten, Menschen zu interessieren für Kunst und Kirche.

Sie stehen nicht nur für herausragende Musik, Sie sind auch ein Organisationstalent. Diese Kombination an sich findet sich schon selten. Daneben strahlen Sie eine unheimliche Energie aus bei allem, was Sie tun. Was dürfen wir in der nächsten Zeit noch von Ihnen erwarten?

CBN: Oh ja, nur wenige können sich vorstellen, dass ich zwei Stunden auf dem Sofa sitzen kann und ein Buch lese. Sie denken, ich bin eine Betriebsnudel, 24 Stunden am Tag.

Das ist tatsächlich so, wenn ich vor den Konzerten stehe. Dann geht das nicht anders.
Aber ich kann sehr wohl abhängen nach den Konzerten oder auch im Urlaub. Meine Aufgabe ist es, den Überblick zu behalten, sonst entsteht Chaos und aus Chaos entsteht selten eine strukturierte Musik. Die Gabe, organisieren zu können, ist in meinem Job unerlässlich. Diese Projekte sind ja teils gigantisch. Probenpläne, Öffentlichkeitsarbeit, auch die Finanzierung bastele ich selbst. Und wenn es nicht reicht, dann schreibe ich mit meinem Fundraisingteam einen Spendenbrief. Wir haben einen Förderkreis und die Kulturstiftung Mannheim-Neckarstadt: das muss alles gemanagt werden.

In den nächsten zwei Jahren kommen zwei große Projekte, die mich völlig in Atem halten werden. Das ist 2019 das hundertjährige Bestehen der Melanchthonkantorei unter der Schirmherrschaft unseres Oberbürgermeisters. Und im Sommer 2020 dann meine Verabschiedung.

Damit geben Sie ein gutes Stichwort. In zwei Jahren steht Ihr Ruhestand ins Haus? Es ist kaum vorstellbar, dass Sie den Schalter umlegen und sich nur noch Tageszeitungen und Theaterbesuchen widmen? Haben Sie schon Pläne, wie es weitergeht?

CBN: In zwei Jahren gehe ich definitiv in den Ruhestand. Die Musik wird mich weiter begleiten, aber mit Chorleitung ist dann Schluss. Auf mehr Theaterbesuche und Raum für meine Hobbys freue ich mich. Ich tanze im Bürgerhaus, das ist auch mein Fitnessprogramm. Vor fünf Jahren habe ich mich mit dem Euphonium an ein neues Blechblasinstrument gewagt und spiele mittlerweile im Posaunenchor. Beides bietet großartige Perspektiven, wenn ich mehr Zeit darauf verwenden kann.

Sie und die Neckarstadt, hier auf unserer Feierabendbank im Garten der Melanchthongemeinde. Wie kommt die Welt für Sie auf diesem Flecken Erde zusammen?

CBN: Seit über 37 Jahren gibt es jeden Montag um halb fünf eine Kinderchorprobe und auch alle anderen Chorgruppen konnte ich über die gesamte Zeit regelmäßig weiterführen. Es zeigt sich, dass sich in allen Generationen und Jahrgängen Begeisterte finden; über Jahrzehnte kommen Eltern auf die Idee, Kinder in den Kinderchor zu schicken. Eine außergewöhnliche Kontinuität in unseren Zeiten des Umbruchs. Das macht mich dankbar und glücklich.

Die Neckarstadt hat mir die Gelegenheit geboten, immer wieder außergewöhnliche Menschen kennen zu lernen. Sie machen für mich den Stadtteil aus. Meine Arbeit. Meine Zufriedenheit. Das sind Leute von hier und von anderswo, die hier ankommen und bei Interesse und Begabung in einem meiner Chöre landen. Man bleibt hier nicht lange anonym, man trifft sich abends in der Probe und – wenn man Glück hat – am anderen Morgen beim Bäcker oder im Blumengeschäft oder auf der Post. Die Neckarstadt – ein Ort zum Leben.

Weiterführende Links:


Die Gesprächsreihe Klönschnack…

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Mit ihrer Bank ist Christin Fuchs unterwegs in der Neckarstadt | Foto: M. Schülke

Ein besonderer Dank an den Fotografen Thomas Müller für  die Bilder.

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