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Stadtentwicklung

930 Euro für ein Zimmer am Neuen Messplatz

Während wohnungspolitische Initiativen noch 12 oder 14 Euro pro Quadratmeter anprangern, wird am Neuen Messplatz in ganz anderen Dimensionen gerechnet.

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Ein neues, privates Studierendenwohnheim in der Käthe-Kollwitz-Straße 15 bietet per Inserat bei „immonet.de“ Zimmer ab 21 Euro pro Quadratmeter an. Zuzüglich Nebenkosten müssen dort monatlich 780 Euro für ein WG-Zimmer gezahlt werden und selbst dann ist man noch in der untersten Kategorie. Wer sich „Superior+“ leisten kann, zahlt 930 Euro im Monat.

Wer es sich leisten kann…

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Das ist Lifestyle: Mit BAföG und Nebenjob am heimischen Pool abhängen | Screenshot: Campus68.de

Für das Geld wird den jungen Menschen einiges geboten. Das „Campus68“ – so nennt sich das private Wohnheim – wirbt mit allerlei Extras: „Der Sprung in den Pool, Körbe werfen auf dem Basketballcourt, Yoga oder Calesthenics im Garten. Co-Working im Media Center und gesundes Essen in der Mensa. Du entscheidest. (…) Music Studio, Games corner, Fitness area: Du öffnest Dir mit personalisiertem Transponder jene Türen, die Dir Spaß bringen.“

Wenn die vermutlich recht wohlhabenden künftigen Bewohner*innen von „Campus68“ in die Käthe-Kollwitz-Straße einziehen, wird sich mit ihnen unweigerlich die Sozialstruktur verändern. Ein kurzer Blick in die Vergangenheit zeigt, in welche Richtung es geht. Bevor es zum Luxuswohnheim umgebaut wurde, lebten in der Käthe-Kollwitz-Straße 15 unbegleitete minderjährige Geflüchtete, deren sozioökonomische Lage vermutlich das komplette Gegenteil der neuen Zielgruppe war. Auch davor wurde die Immobilie als Wohnheim genutzt, zuletzt als Internat der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit.

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Das private Wohnheim gegenüber einer Brachfläche, die bald bebaut werden soll | Foto: CKI

Bei einem abendlichen Besuch am „Campus68“ ist dann auch schon einiges los. Jungs mit Sporttaschen kommen und gehen, Lichterketten leuchten über dem Pool, aus dem Garten hört man Gelächter. „Campus68“ soll eine Kooperation mit dem Nachwuchs der Mannheimer Profi-Eishockeyspieler unterhalten. Das zeigt auch eine Fahne des Vereins, die stolz neben dem Mannheimer Stadtwappen weht. Dort zu wohnen ist sicherlich sehr angenehm… wenn man es sich leisten kann.

Teures Wohnen und soziales Engagement

Doch wie kam Projektentwickler Oguzhan Alan an die Immobilie in der Käthe-Kollwitz-Straße? Verkauft wurde sie ihm von den Immobilienverwertern Boxheimer und Scheuermann, die sie vermutlich aus Bundesbeständen gekauft hatten. Scheuermann wollte dort eigentlich Wohnungsbau betreiben, was die Stadt Mannheim allerdings durch eine Änderungssperre verhindert hatte. Grund dafür waren Befürchtungen, dass sich die künftigen Anwohner*innen über Veranstaltungen auf dem Neuen Messplatz beschweren könnten (laute Großveranstaltungen, wie die Mess usw). Die Ansiedlung eines Luxusstudierendenwohnheims könnte der geschickte Kniff eines Immobilienentwicklers sein: Wenn es mit klassischen Wohnungen nicht klappt, könnte die Immobilie mit neuem Konzept doch noch Rendite abwerfen. Ob der Plan mit dem Luxuswohnheim aufgeht?

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Asphalt soweit das Auge reicht; eigentlich nicht die beste Wohngegend | Foto: CKI

Hinter „Campus68“ steht die Alan GmbH & Co. KG, eine Mannheimer Immobiliengesellschaft, die Projekte in der Neckarstadt und im Jungbusch entwickelt. Auch das Projekt „Alan Park Residenz“, der Umbau des ehemaligen GBG-Verwaltungsgebäudes im Ulmenweg, geht auf eine Zusammenarbeit mit Boxheimer und Scheuermann zurück, von denen Alan die Immobilie erwarb. Das Verwaltungsgebäude der Alan GmbH & Co. KG ist mittlerweile am Campus68 in der Käthe-Kollwitz-Straße angesiedelt. Eine Edel-Villa am Luisenpark wird als „Headquarter“ von Alan & Söhne bezeichnet.

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Geschäftsführer Oguzhan Alan schärft sein Profil mit sozialem Engagement und fördert Jugendarbeit, Sport sowie verschiedene karitative Einrichtungen in Mannheim und Nevsehir (Türkei). Auch sozialer Wohnungsbau werde laut Selbstdarstellung auf der Webseite der Alan GmbH unterstützt.

Was passiert noch am Neuen Messplatz?

Die größte Veränderung der jüngsten Zeit erlebte der Neue Messplatz mit der Komplettsperrung des weitläufigen, asphaltierten Areals, das für Großveranstaltungen bereit steht. In den vergangenen Jahren wurde der Platz – im Alltag war er selten komplett belegt – vor allem von Lkw-Fahrern als Park- und Rastplatz in der Stadt genutzt. Kostenloses Parken, gute Einkaufsmöglichkeiten und die Vorteile einer Stadt waren für viele Kraftfahrer eine echte Alternative zu den teuren Rasthöfen an den Autobahnen. Dazu kommt, dass es rund um Mannheim nur wenige Autobahnparkplätze gibt.

Doch Anwohner*innen hatten mit Unterstützung der CDU 2019 eine Sperrung des Platzes für Lkw erreicht, die seitdem verzweifelt in der Neckarstadt umher fahren und die umliegenden Straßen blockieren. Eine Alternative wurde nicht geschaffen. Auch für Obdachlose, die unter den Überdachungen der Häuschen auf dem Platz übernachten, könnte es in Zukunft schwieriger werden.

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Die Lkws weichen seit der Sperrung des Neuen Messplatzes bspw. in die Max-Joseph-Straße aus | Foto: CKI

In die Aufwertung des Neuen Messplatz soll 2023 Schwung kommen. Der Gemeinderat stellte dafür Geld im Haushalt bereit. Bis 2022 soll ein Konzept erarbeitet werden. Ideen gibt es. Eine Allee soll die Waldhofstraße mit der Multihalle im Herzogenriedpark verbinden. Konkretere Pläne sind bisher nicht bekannt.

Ob es weitere Verdrängungen geben wird, ob der Fortbestand des JUZ „Friedrich Dürr“ am dortigen Standort gesichert ist, welche Auswirkungen Projekte, wie „Campus68“ oder die geplante Bebauung der Freifläche in der Heinrich-Zille-Straße haben werden, muss die Zukunft zeigen. Ist das schon Gentrifizierung? Zumindest keine im klassischen Sinn. Doch erste Betroffene der Aufwertung sind wie immer die Schwachen der Gesellschaft, in diesem Fall zunächst einmal die Lkw-Fahrer, deren Güter zwar alle haben wollen, die mit ihren Lkws aber nirgendwo stehen sollen.

Quellen: Eigene Recherchen

(Dieser Artikel erschien zuerst bei Kommunalinfo Mannheim.)

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