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Warum will die GBG 129 günstige Wohnungen abreißen?

Wann wurde hier zuletzt saniert? Nun meint die GBG, es sei zu spät dafür | Foto: M. Schülke

Seit Jahren verdichten sich die Gerüchte, dass die GBG-Häuser in der Carl-Benz-Straße abgerissen werden sollen. Nun scheint die Stunde der Wahrheit gekommen zu sein. Oder doch nicht? Die GBG schafft es mal wieder nicht, mit offenen Karten zu spielen. Zum Leidwesen ihrer Mieter.

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Nach einer Auskunft, die die GBG dem Bezirksbeirat Neckarstadt-Ost auf Anfrage erteilt hat, plant sie „für das Grundstück zwischen CarI-Benz-/Main-/Kinzigstraße eine Bebauung mit sieben punktförmigen Mehrfamilienhäusem sowie einem Zeilenbau entlang der Kinzigstraße„. Zwar wird die Wohnfläche von derzeit 5.999 qm auf ca. 7.760 qm ansteigen, jedoch soll dieser Platz für 35 Wohnungen weniger als bislang ausreichen. Die durchschnittliche Wohnungsgröße steigt also von circa 46 qm auf fast das Doppelte, um die 82 qm. Dass gerade kleine, günstige Wohnungen in der Neckarstadt fehlen und arbeitslose Wohnungssuchende oder Geringverdiener fast ausschließlich in die Randgebiete Mannheims verwiesen werden, scheint bei der Entscheidung keine Rolle zu spielen oder Ziel zu sein.

Die sanierten GBG-Häuser in der Mainstraße | Foto: M. Schülke

Eine nicht ganz so schlimme Nachricht enthält die Auskunft an den Bezirksbeirat aber doch: Den restlichen Mietern, deren Häuser abgerissen werden sollen, werden Wohnungen in der angrenzenden Mainstraße freigehalten, wo gerade das letzte (Ecke Kinzigstraße, siehe Foto oben) von vier GBG-Häusern saniert wird. An dieser Stelle hat die GBG die Preise aufgrund der Modernisierung allerdings bereits erhöht: So zahlen Altmieter 1,57 Euro/qm mehr als vorher, Neumieter sogar 2,87 Euro/qm. Überhaupt sind in der Neckarstadt-Ost  die Angebotsmieten um 7% höher gestiegen als im stadtweiten Vergleich (27 zu 20%). Drauf zahlen werden die Mieter also sicher. Die Preisspirale geht nur nach oben.

Den Plan abzureißen und neu zu bauen, begründet die GBG folgendermaßen:

Eine Sanierung der dreigeschossigen Gebäude entlang der Carl-Benz- Straße, die die aktuellen Anforderungen an die energetische Ertüchtigung, die Maßnahmen zur Erzeugung einer Barrierefreiheit und die sonstigen technischen Bestimmungen vollumfänglich erfüllt, ist wirtschaftlich aufwendiger als der Abbruch mit anschließendem Neubau.

Das klingt, als sei in der Carl-Benz-Straße weit mehr zu erneuern als in den anderen Liegenschaften. In einer älteren Antwort an den Bezirksbeirat erklärte die GBG, was u.a. auch in der Mainstraße alles modernisiert werden musste:

Der Modernisierungsumfang beinhaltet grundsätzlich:

  • Den Einbau einer fernwärmeversorgten Zentralheizung einschließlich Wohnungswärmezentren zur Trinkwassererwärmung
  • Erneuerung der Bäder einschließlich Versorgungsleitungen
  • Einbau neuer wärmeschutzverglaster Kunststofffenster
  • Erneuerung der Elektroanlagen
  • Erneuerung der Estriche und Bodenbeläge
  • Instandsetzung der Treppenhäuser

Was unterscheidet die Häuser der Carl-Benz-Straße von denen der Mainstraße? Scheint es nicht, als sei der Aufwand in beiden Fällen sehr ähnlich?

Die GBG weiter:

Nach Abschluss der Gesamtmaßnahmen Sanierung und Neubau werden in einer qualitätsvollen Lage unterschiedliche Wohnangebote zur Verfügung stehen, die eine Durchmischung des Gesamtquartiers langfristig sicherstellen.

In einem Quartier, das die Anfänge einer umfassenden Gentrifizierung erlebt und in welchem die Mieten stärker steigen als der Durchschnitt, will die GBG 129 günstige Wohnungen dem Erdboden gleich machen. Wie der ehemalige GBG-Chef Wolfgang Bielmeier auf einer Mieterveranstaltung in Feudenheim sagte, ist bei Neubau kein Mietpreis unter 10 Euro pro Quadratmeter machbar. Die „Durchmischung“ an der Carl-Benz-Straße fängt dann bei 800 Euro aufwärts an. Kalt.

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In einem Schreiben an den Bezirksbeirat werden erste Zahlen genannt | Foto: M. Schülke

Der Abriss scheint bislang beschlossene Sache. In einem Schreiben an uns wird der Abschluss der Sanierungsarbeiten in der Mainstraße als möglicher Termin dafür genannt, was Mitte 2015 der Fall sein soll. Die GBG schätzt weiterhin, dass die Neubaumaßnahmen im Frühjahr 2016 beginnen. Das letzte Jahr oder besser das letzte halbe Jahr hat für die Mieter also begonnen.

Bei einer Begehung der Häuser in der Carl-Benz-Straße konnten die Mitglieder der Initiative FairMieten mit zwei Bewohnern persönlich sprechen. Keiner von diesen hat bislang eine Mitteilung der GBG erhalten, dass sie bald umziehen müssen. Auch ein Angebot für eine Wohnung in der Mainstraße wurde ihnen nicht gemacht. Alles, was sie hören, sind Gerüchte und natürlich stehen immer mehr Nachbarwohnungen leer.  Laut GBG sind in der Carl-Benz-Straße noch 74 Einheiten bewohnt und 54 leerstehend. Der Zustand der Wohnungen ist in der Tat hundsmiserabel. Die GBG schreibt uns:

Die Wohnungen befinden sich in einem sehr schlechten Zustand, z.B. ist bauseitig keine Heizung eingebaut, die Grundrisse sind nicht mehr zeitgemäß (Durchgangszimmer, kleine Bäder), die aktuellen Anforderungen an Schall- und Wärmeschutz werden nicht erfüllt.

Das bestätigen auch die Bewohner auf Nachfragen von FairMieten. Die Frage ist: Wie konnte es dazu kommen? Warum wurde nicht längst saniert, bevor es zu spät ist? Während an anderer Stelle um ein Wohnungsaufsichtsgesetz gerungen wird, lässt die Stadtverwaltung ihre eigene Wohnungsbaugesellschaft die eigenen Immobilien abwirtschaften? Da stimmt doch etwas nicht.

Ob wie am Adolf-Damaschke-Ring in Feudenheim von FairMieten, Mieterverein und einzelnen Gemeinderatsfraktionen noch eine Kursänderung erwirkt werden kann und ob das überhaupt erwünscht ist, bleibt ungewiss. Oft hört man selbst aus sozialdemokratischen Kreisen den Wunsch nach mehr Aufwertung der Neckarstadt-Ost. Mit familiengerecht geschnittenen Wohnungen, die sich dann aber nur besser verdienende Familien leisten können, nehmen sie gleichzeitig alleinerziehenden Elternteilen oder Sozialleistungsempfängern den Wohnraum. Den könnte es im Moment noch in unserem Quartier geben, stünden da nicht seit Jahren diese vielen GBG-Wohnungen leer.

Wir fragen uns, wie setzt sich die GBG dafür ein, in Zukunft wieder geförderte Wohnungen z.B. für Empfänger von Sozialleistungen auch innenstadtnah anbieten zu können und wie groß ist überhaupt ihr Interesse daran?

Derzeit vertröstet Unternehmenssprecher Christian Franke uns auf später:

Wir haben zu der Baumaßnahme in der Neckarstadt am Ende des Monats eine interne Besprechung. Dies haben wir auch Vertretern des BBR (Anm. d. Red.: Bezirksbeirat) mitgeteilt. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir erst nach diesem Termin mehr zu der Thematik sagen können.

Wir bleiben dran.


Morgen wird Wohnen ein ganz großes Thema in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik sein und die GBG mehrfach im Mittelpunkt der Debatte stehen.

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