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Für günstige Mieten auf die Straße

Die Demonstranten und Mieter vor den abrissgefährdeten GBG-Häusern | Foto: M. Schülke

Zum Entsetzen einiger Neckarstädter sollen nach GBG-Plänen 129 günstige Wohnungen in bester Lage durch deutlich teurere Neubauten ersetzt werden. Sie nennen es: GBGentrifizierung.

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An die 70 Bürgerinnen und Bürger jeden Alters fanden sich am Samstag, den 17. Oktober, in der Neckarstadt zusammen, um gegen Entmietungen, explodierende Mieten und die Vernichtung günstigen Wohnraums zu protestieren. Die Initiative „FairMieten – Gegen Mietwucher in Neckarstadt-Ost“ hatte zur Demonstration aufgerufen, um über die Entwicklung im Stadtteil aufzuklären und aufzuzeigen, wo die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG dieser Preistreiberei und der voranschreitenden Gentrifizierung 1 im Stadtteil vermeintlich Vorschub leistet.

Am Anfang stand die Kundgebung der Initiative FairMieten auf dem Alten Messplatz | Foto: M. Schülke

Nach einer ausführlichen Rede von FairMieten-Mitglied Karl-Heinz Royen auf dem Alten Messplatz führte der Demonstrationszug durch die Max-Joseph-Straße, wo LINKEN-Bezirksbeirat Dennis Ulas von der Luxussanierung der Hausnummer 13 berichtete. Ein Tross beachtlicher Länge marschierte anschließend lautstark weiter durch die Lange Rötterstraße und machte u.a. vor der Uhlandstraße 19 halt, von wo das beliebte Wirtshaus Uhland vor einigen Jahren vertrieben wurde (und auch der Nachfolger konnte sich dort nicht halten). Auch das Schicksal der über ein Jahr lang blickdicht verhüllten Mieter in der Kobellstraße 19-21 war Thema.

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Bezirksbeirat Dennis Ulas am Mikrofon vor der Max-Joseph-Straße 13 | Foto: M. Schülke

Zum Abschluss führte der informative Spaziergang zu den Häusern zwischen Carl-Benz-, Main- und Kinzigstraße, wo die GBG gerne den günstigen Wohnraum durch höherpreisigen ersetzen möchte. So lautet der Vorwurf der betroffenen Mieter und der Bürgerinitiative, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Denn bereits letztes Jahr antwortete Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz der Initiative in einem Brief, dass „Menschen mit höheren Einkommen“ auch in der Neckarstadt-Ost „bisher unterrepräsentiert“ seien und für diese „attraktive Angebote“ geschaffen werden müssen. Genau diese Politik scheint auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft zu verfolgen. Die GBG muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie seit Jahrzehnten nicht genug in die Häuser investiert hat. Die Wohnungen sind, wie die Wohnungsbaugesellschaft selbst zugibt, in keinem zeitgemäßen Zustand. Von den 129 betroffenen Wohnungen, sind inzwischen nur noch 19 bewohnt. Denn viele der Mieter wussten nicht, dass der GBG rechtlich eigentlich die Hände gebunden sind. Auf die Frage, ob die Wohnungsbaugesellschaft ihre Mieter denn über die rechtliche Lage aufgeklärt habe, blieb Geschäftsführer Karl-Heinz Frings auf einer öffentlichen Bezirksbeiratssitzung die Antwort schuldig und reagierte allgemein dünnhäutig.

„Ohne berechtigtes Interesse kann einem Wohnungsmieter vom Vermieter nicht gekündigt werden, wenn sich dieser wiederum ein seine eigenen vertraglichen Verpflichtungen hält“, sagt Alexander Sauer vom Mannheimer Mieterverein2. Es sei „kein Mieter gezwungen, auf Druck hin auszuziehen. Will die GBG, dass Mieter ausziehen, muss sie sich mit ihnen einigen“.

Fotostrecke

(Alle Fotos: M. Schülke)

  1.  Gentrifizierung oder auch Gentrifikation nennt man einen Strukturwandel in großstädtischen Vierteln. Der Aufwertung folgen steigende Mieten, wodurch ärmere Bevölkerungsgruppen durch wohlhabendere verdrängt werden. Die Neckarstadt-Ost gilt laut Experten als davon besonders bedrohtes Gebiet.
  2. Die komplette Stellungnahme: „Aus hiesiger Sicht, liegen bei den Vorhaben der GBG die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht vor und zwar sehr deutlich. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde von der GBG auch nie behauptet. Gerade die öffentlich mitgeteilten Gründe für die Vorhaben, sprechen gegen das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen. Ohne berechtigtes Interesse kann einem Wohnungsmieter vom Vermieter nicht gekündigt werden, wenn sich dieser wiederum ein seine eigenen vertraglichen Verpflichtungen hält. Entsprechende Kündigungen wären unberechtigt und unwirksam, Räumungsklagen hätten diesbezüglich keine Aussicht auf Erfolg. Mangels Kündigungsrecht der Vermieterin ist daher auch kein Mieter gezwungen, auf Druck hin auszuziehen. Will die GBG, dass Mieter ausziehen, muss sie sich mit ihnen einigen, notwendig ist also ein konkretes freiwilliges Einverständnis der betroffenen Mieter.“
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