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Die Neckarstadt-West besteht nicht nur aus Problemen

Eine Fernsehdokumentation des ZDF stößt nicht nur bei der Stadtverwaltung und politischen Vertreter*innen auf Kritik. Auch Bewohner*innen und andere seit Jahren im Stadtteil Engagierte finden dort gemachte Aussagen einseitig. Ein Gastbeitrag.

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Die neue Quartiermanagerin Jennifer Yeboah, die seit vielen Jahren in der Neckarstadt-West lebt und sich dort schon in der Vergangenheit sehr engagiert hat, hat uns erlaubt, ihren Kommentar zur TV-Doku als Gastbeitrag zu veröffentlichen.

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Jennifer Yeboah lebt seit vielen Jahren in der Neckarstadt-West und ist seit kurzem dort Quartiermanagerin | Foto: QM Neckarstadt-West

Leider vermittelt die 37-Grad-Dokumentation „Zwei Quadratkilometer Stress“ ein sehr einseitiges Bild eines furchtbaren Stadtteils und zementiert das Bild der No-Go-Area Neckarstadt-West. Dies passiert teils durch falsche Verallgemeinerungen („Wer kann, zieht weg“, „ärmster Stadtteil Mannheims“, „die Mehrheitsgesellschaft hat sich zurückgezogen“, „Ghetto der Abgehängten“oder „Jeder weiß, dass man hier abends besser nicht spazieren geht“) und leider auch durch Verwendung diskriminierender Vorurteile. So sind z.B. nicht alle bulgarischen und rumänischen Familien arm, haben kein Interesse am Bildungserfolg ihrer Kinder und leben in Parallelwelten. Diese Darstellungen verstärken gefährliche Vorurteile.
Ich kann und muss feststellen, dass der Film das Leben einiger Bewohner*innen der Neckarstadt-West relativ genau widerspiegelt. Es leben hier aber auch viele Menschen, die das Quartier als sicher und lebenswert empfinden. Das vermittelt der Film leider nicht und dies empört viele Menschen der Neckarstadt-West und Mannheims.

Die Neckarschule, Aufwind und Amalie leisten (teils seit langen Jahren) sehr engagierte, wertvolle und wichtige Arbeit im Quartier und für die Menschen. Allerdings erscheint es im Film so, als ob nur drei Menschen in diesem Stadtteil aktiv sind, und alle anderen – vor allem die in Verantwortung stehenden Personen und Institutionen – den Stadtteil sich selbst überlassen. Dies ist besonders für die vielen anderen Akteur*innen verletzend, die sich teilweise seit Jahrzehnten hier mit viel Liebe, Enthusiasmus, Beharrlichkeit und Herzblut zivilgesellschaftlich, politisch, kommunal, gewerblich sowie institutionell engagieren. Weder die Stadt Mannheim, noch die Politik oder die anderen Akteur*innen überlassen den Stadtteil einfach so „kriminellen Strukturen“. Diese Verkürzung ist sicher nicht von den Portraitierten gewollt, sondern wahrscheinlich eher der Tatsache geschuldet, die unterschiedlichen Erfahrungen eines Jahres in 30 Minuten packen zu müssen. Trotzdem verstehe ich, dass viele Menschen, die gerne in der Neckarstadt-West leben, wirken und beileibe nicht die Segel streichen, nun verärgert sind. Dieser Stadtteil und seine Akteur*innen hätten eine ausgewogenere Dokumentation verdient.

Viele der Reaktionen lassen mich persönlich aber für meine neue Aufgabe im Quartier hoffen, denn sie sagen mir eines ganz klar: Hier gibt es VIELE denen ihre Neckarstadt-West am Herzen liegt und die dafür viel Engagement bringen. Ich bin (auch deshalb) der Überzeugung, dass die Protagonist*innen des Films gemeinsam mit Bewohner*innen, Akteur*innen, Verwaltung, Politik, Polizei, LOS und dem Quartiermanagement das Liebenswerte im Stadtteil bewahren und das Problematische entschieden angehen und verbessern können. Alla, dann… let’s do it!

Alle, die gerne in der Neckarstadt-West leben, arbeiten und wirken oder einfach gern hier sind, sind herzlich eingeladen, ihren Grund dafür hier zu posten.

Dies soll nicht bestehende Probleme verneinen oder verdecken, sondern einfach zeigen, dass unsere Neckarstadt-West trotz aller Herausforderungen ein l(i)ebenswerter Stadtteil ist.

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Die Originalfassung des Gastbeitrags findet sich hier: fb.com/Quartiermanagement/posts/1671495663027925

Die Fernsehdoku in der ZDF-Mediathek

Die Fernsehdokumentation kann direkt hier unten oder über diesen Link angesehen werden.

Mehr zur Neckarstadt-West bei uns im Neckarstadtblog

Mittendrin statt nur dabei: Anne aus der „Go-To-Area“

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