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Stadtentwicklung

Turley: „Flächen einem sinnvollen Zweck zuführen“

Ein paar Tage vor der Zwangsversteigerung zahlreicher Immobilien auf dem Turley-Areal fand eine vom Mietshäuser Syndikat organisierte Kundgebung statt.

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Es wurde gefordet, Gebäude, Grundstücke und Flächen einem sinnvollen, am Gemeinwohl orientierten zuzuführen. Eine Versteigerung an den meist bietenden berge dagegen die Gefahr, dass neue Spekulant*innen versuchen, aus Turley den größtmöglichen Profit zu pressen und Menschen auf Wohnungssuche die Leidtragenden sind.

Ausverkauf auf Turley

Die Zwangsversteigerungen sind Ergebnis eines jahrelangen Trauerspiels auf Turley. Dem anfangs von der Stadt hoch gelobten Investor Tom Bock gelang es nicht, das Areal mit den historischen Kasernengebäuden wie versprochen zu entwickeln. Der städtischen Entwicklungsgesellschaft MWSP war es wiederum nicht möglich, auf die Situation Einfluss zu nehmen, da sie fast alle Immobilien an Bock verkauft hatte. So stehen nun zahlreiche Bauruinen und unvollendete Projekte auf dem ehemaligen Vorzeigekonversionsprojekt.

Kundgebung macht Vorschläge, wie es anders gehen könnte

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Wer ist verantwortlich für den „Herzstillstand“ in der Mitte Turleys? | Foto: M. Schülke

Rund 50 Bewohner*innen der drei Wohnprojekte auf Turley, weitere Aktivist*innen und Interessierte am Mietshäuser Syndikat sowie einige Anwohner*innen waren am Samstag zur Kundgebung auf dem Turley Platz zusammen gekommen. Vor der beispielhaften Kulisse des Casinos, einem ehemaligen Kasernengebäude, das von der Stadt als zukünftiges Bürgerhaus angekündigt ist, versammelten sich die Menschen. Das Casino hat seit Monaten kein Dach, auf der Baustelle tut sich kaum etwas. Eigentlich hätte das Bürgerhaus schon lange fertig sein sollen. Die Bewohner*innen des Wohnheims der Johannes Diakonie warten auf die dort versprochenen Werkstätten in den Räumen das Casinos.

Die Fehler rächen sich nun

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Günter Bergmann (Mietshäuser Syndikat) | Foto: M. Schülke

Günter Bergmann vom regionalen Netzwerk des Mietshäuser Syndikats begrüßte die Anwesenden und hielt den ersten Redebeitrag. Er schilderte die Entwicklung auf Turley von Beginn an: „Für den sogenannten Ankerinvestor Bock war die Stadt Mannheim schnell willig, all die tausend Ideen, die im Beteiligungsprozess der anfänglichen Konversion entstanden sind, dessen snobistischen Vorstellungen eines Edelquartiers unterzuordnen.“ Turley sei damit in die Richtung eines hochpreisigen Nobelviertels gedrückt worden. Der Fehler habe sich nun Jahre später gerächt.

Statt hochpreisigem Wohnraum müsse dringend benötigter bezahlbarer Wohnraum enstehen. „Wieso kann aus der Reithalle nicht geförderter Wohnraum werden? Das Torhaus und das „Hotel“- daraus könnte dringend benötigter Wohnraum für Klientel des Paritätischen Wohlfahrtsverband oder für das Frauenhaus werden. Das wäre mit Sicherheit eine Nutzung, die dem Sozialgefüge Turley und der Stadt Mannheim allgemein guttun würde“, so Bergmann. Auch die geplante Tiefgarage unter dem Turleyplatz kritisierte er scharf: „Bis zu 10 Prozent der Baukosten werden normalerweise hier verbuddelt. (…) Tiefgaragen bestehen aus Beton, machen einen Großteil der CO2-Emissionen am Bau aus. Während die Polkappen schmelzen, Lützerath – unter Habeck – abgebaggert wird, und wir nur noch 7 Jahre vor dem Mannheimer Klimaziel Klimaneutral stehen… eine Tiefgarage wirkt da völlig aus der Zeit gefallen“.

Mehr Kontrolle durch die Öffentlichkeit

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Alexander Sauer (Mieterverein Mannheim) | Foto: M. Schülke

Alexander Sauer, Rechtsanwalt und stellvertretender Vorsitzender des Mannheimer Mietervereins, forderte dazu auf, der Stadt und ihrer Gesellschaften MWSP und GBG mehr auf die Finger zu schauen. Er kritisierte, dass beispielsweise Aufsichtsratssitzungen der MWSP im Geheimen stattfinden. Mehr Transparenz und öffentliche Kontrolle könne dabei helfen, Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Der dritte Beitrag wurde von Dennis Ulas gehalten, Stadtrat für Die Linke in der Fraktion Li.PAR.Tie im Mannheimer Gemeinderat. In dieser Eigenschaft ist er auch Mitglied im Aufsichtsrat der für die Turley-Entwicklung verantwortlichen MWSP. Ulas erinnerte an den Immobilienspekulationsskandal von 2018 (der Mannheimer Morgen berichtete federführend darüber). Tom Bock hatte ein unbebautes Grundstück in den Baufeldern IV und V, für 6 Millionen Euro von der Stadt gekauft, um dort ein Luxus-Wohnviertel und Büroflächen zu realisieren. Doch er ließ die Fläche einfach unbebaut und verkaufte sie wenige Jahre später für 36 Millionen Euro weiter.

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Dennis Ulas (Stadtrat Die Linke in der Gemeinderatsfraktion Li.PAR.Tie, Aufsichtsratmitglied der MWSP) | Foto: M. Schülke

Ulas kritisierte die Spekulation auf dem Immobilienmarkt. „Was auf Turley benötigt wird, sind keine weiteren Luxus-Wohnungen oder Mietpreise von 16 Euro aufwärts pro Quadratmeter. Wir wollen hier keine weiteren Heuschrecken oder Immobilienhaie anlocken, die den größtmöglichen Profit aus den Gebäuden und ihren bestehenden und künftigen Bewohner*innen und Nutzer*innen quetschen wollen.“ Stattdessen müsse man gemeinwohlorientierte Bauträger fördern.

Die Stadt müsse aus den Erfahrungen mit Tom Bock lernen. Man dürfe die Entwicklung eines Quartiers nicht auf dem Markt an einen höchstbietenden Privaten abgeben. Stattdessen sei es notwendig, dass die Stadt „die volle Kontrolle über das Turley-Areal zurückerhält, um die Stadtentwicklung stärker an gemeinwohlorientierten Kriterien voranbringen zu können.“

Mietshäuser Syndikat als Alternative zur Immobilienspekulation

Die Kundgebung war Teil einer bereits seit längerem geplanten Veranstaltung der regionalen Vernetzung des Mietshäuser Syndikats. Die „Tour de Syndikat“ ist eine Fahrradtour durch die Region zu den Standorten der Wohnprojekte, die nach dem Modell des Syndikats organisiert sind. Bei der Turley-Station gab es neben der Kundgebung auch Infos, Getränke und Essen sowie Hausführungen durch die Wohnprojekte. Das neue Projekt im Entstehen – Stamitzstraße 7 – stellte sich mit einem Infostand vor (über dieses Projekt berichtete Kommunalinfo Mannheim). Wohnungspolitisch interessierte Menschen können sich bei diesen Veranstaltungen kennen lernen, austauschen und im besten Fall neue Projekte gründen.

Wir dokumentieren zwei der Reden (es gilt das geschriebene Wort):

Rede von Günter Bergmann (Mietshäuser Syndikat)

Am Tag nach dem MWSP Turley Fest ist es also raus: Die Meldung bringt als Erster der Neckarstadtblog: ein Großteil der ehemals von Tom Bock als Ankerinvestor auf Turley geplanten Gebäude und Flächen kommt unter den Hammer!

Um die Zukunft auf Turley wird also wieder gepokert, Monopoly in Großformat. Unser Stadtteil und wir sind mittendrin.

Es ist der MWSP nicht gelungen dem Spekulanten Bock gerichtlich beizukommen. Stattdessen sind nach dem Verkaufscoup von Baufeld 4 und 5 (Motto „Aus 6 Millionen mache 36 Millionen“) jetzt zusätzlich auch Gebäude aus dem Altbestand wieder dem freien Spiel des Geldes ausgesetzt. Über Strohmänner wäre es für Bock oder ähnlichen Figuren ein Leichtes an die Immobilien heranzukommen. Denn Gelder sind – wie man der Recherche des Neckarstadtblogs entnehmen kann – in jeder Höhe und weltweit unterwegs. Es besteht seitens der Stadt keine rechtliche Handhabe gegen die Spekulation mit diesen Gebäuden etwas zu unternehmen. Auch kann die Stadt nicht beliebig selbst mitbieten, um damit eine gesellschaftlich sinnvolle Nutzung sicherzustellen. Selbst wenn sie ausreichend Geld zur Verfügung hätte – ein zu hoher Kaufpreis würde automatisch jede sinnvolle Nutzungsidee scheitern lassen.

Dabei braucht Turley dringend statt noch mehr Hochpreisigkeit gerade Gemeinnutz und Gemeinwohl

Entgegen aller 2012 existierenden Ideen für ein autofreies Quartier wurde eigens für Bock die Straße rund um den Turley Platz als befahrbare Straße umgesetzt. Wer aber braucht die x-te hochwertige Gastronomie, die Bock in die alte Reithalle plante und wofür er die Zufahrt durch Nobelschlitten gerne gehabt hätte? Welche paar Prozent MannheimerInnen hätten sich letztlich hier einen Besuch leisten können? Was brauchte es – nicht nur von heute ausgesehen – einen sinnentleerten Oldtimer Pflegemittelladen, wie trostlos und aufgesetzt wirkt heute hier auch die Bult Haupt Küchen Ausstellung inmitten schimmliger moosiger Rohbaustellen? Für den sogenannten Ankerinvestor Bock war die Stadt Mannheim schnell willig, alle die tausend Ideen, die im Beteiligungsprozess der anfänglichen Konversion entstanden sind, dessen snobistischen Vorstellungen eines Edelquartiers unterzuordnen. Turley wurde damit in die Richtung eines hochpreisigen Nobelviertels gedrückt – nicht etwa, weil der damals zigfach abgefragte BürgerInnenwille das etwa gewollt hätte, das jedenfalls dokumentieren genau die Konversionseigenen Weiß Bücher, die man /frau sich auch heute noch downloaden kann. Die Verantwortlichen des Konversionsprozesses der Stadt Mannheim sind letztlich aber dem Blender und dessen Wedeln mit unterschlagenem Geld aus Übersee hinterhergelaufen und haben alle Ziele des damals hochgelobten kommunalen Demokratie- und Beteiligungsprozesses einfach in den Wind geschlagen. Ein krasser Fehler der MWSP, der sich seit Jahren rächt.

Statt Bezahlbarem Wohnraum, wie gefordert, ist inzwischen das meiste hier ausgesprochen teuer ausgefallen. Aus Bocks Anfangsbesitz wechselten Altbauwohnungen bereits mehrfach den Eigentümer, bescheren der Bevölkerung heute teils spekulative Schnäppchenmieten von 17€ Miete pro Quadratmeter.

Auf den sehr dicht bebauten Neubauflächen der Baufelder 4 und 5, ebenfalls der Kontrolle der Stadt entglitten, ist aus der ehemaligen Geldwäsche eine schöne neue Gelddruckmaschine entstanden: die mittleren Mietpreise werden auf Nachfrage bereits für 15€/qm angeboten! Damit sind diese Mieten im Durchschnitt ca. doppelt so teuer wie die Mieten der Syndikatsprojekte. Die vergleichsweise wenigen geförderten Wohnungen sind lediglich ein Alibi, die während der kurzen Bindungsfrist entstehende vorübergehende Mindereinnahmen sind für die neuen Besitzern bereits kompensiert. Denn die Stadt ermöglichte extra die Herabsetzung des Stellplatzschlüssels von Faktor 1 auf 0,8. Ein sonst auf Turley – etwa für Gemeinwohlorientierte oder soziale Einrichtungen – völlig undenkbarer Vorgang! Für Fortoon als Sahnehäubchen obendrauf jedoch natürlich möglich!

Auch hier ist das Kind also leider in den Brunnen gefallen. Man kann es bildlich so ausdrücken, das Kapital hat sich diese 22 Tausend Quadratmeter Boden zur Befriedigung seiner Interessen schön zurechtgelegt – an den tatsächlichen Bedürfnissen der Mannheimer Bevölkerung vorbei.

Die Rolle des Spekulanten Bock auf Turley ist damit fürs Geschichtsbuch klar, und ich möchte ihm gerne und sicher auch im Namen Vieler hier aus Mannheim in seiner Muttersprache ein deutliches „Fanculo Stronzo!“ hinterherrufen. Hoffentlich lernen andere Städte daraus!

Unklar jedoch ist, ob es sich bei alldem lediglich um einen Ausrutscher im Konversionsprozeß handelt. Oder ob diese Entwicklung nicht letztlich auch zur Aufgabe der MWSP passt. Nicht von selbst und nicht ohne Grund haben sich seit Beginn der Konversion die Bodenpreise auf den Konversionsflächen mehr als verdoppelt. Die schicken Newsletter der MWSP haben ihren Teil dazu beigetragen. Gab es dagegen erkennbar irgendeine Maßnahme der MWSP, um den Boden und damit das Wohnen dauerhaft bezahlbar unten zu halten? Uns als Mietshäuser Syndikat ist es jedenfalls nicht mehr möglich, auf von der MWSP entwickelten Flächen für dauerhaft Bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Verbrannte Erde! Und im Windschatten des Turleyskandals erscheinen mittlerweile andere letztlich profitorientierte Bebauungen auf den Konversionsflächen wie HOME und Franklin Mitte nachgerade sozialverträglich.

Ich wiederhole: dabei braucht Mannheim dringend statt Hochpreisigkeit Gemeinnutz und Gemeinwohl!

Gerade erst hat der Runde Tisch Wohnen des Baubürgermeisters das vorrangige Fehlen von Bezahlbarem Wohnraum festgestellt. 80 Prozent aller Neubauten sind hochpreisig, gleichzeitig haben 50 Prozent aller Mannheimerinnen den Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Zum wievielten Mal in den letzten Jahren hat sich Herr Eisenhauer dieser Situation wieder neu versichert? Wir brauchen keine Bedarfsermittlung mehr, sondern schnelles Handeln, solange überhaupt noch die Möglichkeit besteht.

Dazu muss seitens der Stadt dringend über die Verwendung der fraglichen Gebäude hier auf Turley neu nachgedacht werden. Statt „heißem Scheiß“ muss ein neuer Besitzer hier mit den Erträgen aus Bezahlbaren Mieten und am Gemeinwohl orientierten Nutzungen auskommen. Andere Formen von Investment braucht es auf Turley nicht!

Wieso kann aus der Reithalle nicht geförderter Wohnraum für Familien mit Wohnberechtigungsschein werden, dazu würde die Halle längs und quer in zweigstöckige Wohnungen aufgeteilt werden und mit jeweils kleinen Vorgärten zum Park und zum Ballett versehen werden. Das Torhaus und das „Hotel“- daraus könnte dringend benötigter Wohnraum für Klientel des Paritätischen Wohlfahrtsverband oder für das Frauenhaus werden. Das wäre mit Sicherheit eine Nutzung, die dem Sozialgefüge Turley und der Stadt Mannheim allgemein guttun würde. Über solche Nutzungsvorgaben muss die Stadt versuchen, mögliche neue Investoren in die Pflicht zu nehmen – aber bloß nicht über den Maßstab Bau einer Tiefgarage!

Tiefgaragen sind mit das Teuerste, was unter einem Gebäude herzustellen ist. Bis zu 10 Prozent der Baukosten werden normalerweise hier verbuddelt. Am Turleyplatz würde zusätzlich kein Gebäude darüber entstehen. Die Kosten für Aushub, Abtransport und Endlagerung des vermutlich kontaminierten Bodens fiele hier sogar ohne den Nutzen eines darüberliegenden Wohngebäudes an.

Kosten zwischen 30 und 40 Tausend € pro Stellplatz – welches Autoblech ist so eine Ausgabe wert? Warum wird dem Stadtteil völlig unnötig so eine Hypothek aufgebürdet – wenn es doch angeblich immer um eine nachhaltige, Bezahlbare Zukunft geht?

Explodierende Energiepreise und die unumgänglich notwendige Entwicklung einer alternativen Mobilität sprechen gegen den Bau.

Tiefgaragen bestehen aus Beton, machen einen Großteil der CO2 Emissionen am Bau aus.

Während die Polkappen schmelzen, Lützerath – unter Habeck – abgebaggert wird, und wir nur noch 7 Jahre vor dem Mannheimer Klimaziel Klimaneutral stehen…

eine Tiefgarage wirkt da völlig aus der Zeit gefallen und wäre ein Schildbürgerstreich.

Als zeitweise alternative Parkmöglichkeit könnte eine rückbaubare Quartiersgarage, begrünt und vorzugsweise aus Holz, auf dem freien Grundstück an der Grenadierstr. entstehen. PV auf der Dachfläche und an der Südfassade könnten als Energieträger für unmittelbare Elektro Ladekapazität dienen. Aber die Erfahrungen von Spinelli zeigen auch hier deutliche Kostengrenzen auf.

Aus Sozialen und Kostengründen, aber auch im Sinne des Mannheimer Klimaziels 2030 fordern wir den Stopp dieser Planung: Keine Tiefgarage unter dem Turleyplatz – im Sinne der Nachhaltigkeit muss das Projekt fallengelassen werden!

Turley braucht endlich auch die Fertigstellung des Casinos. Unser Nachbar Johannes Diakonie wartet seit Jahren auf die versprochenen Inklusionsarbeitsplätze. Wir können den Stillstand hier auch nicht mehr sehen! Das liegt alleine in der Verantwortung und Obhut der MWSP und – Denkmal hin, Winni Maas her – allmählich könnte es mal soweit sein. Hängt es an der Bauleitung? Komisch, warum es hier seit Monaten ins Denkmal geschützte Gebäude reinregnet? Und kann sich ein Normalbürger später noch eine Minute Nutzung des sicher kostspieligen Bürgerhauses leisten?

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zur Perspektive des Mietshäuser Syndikats in Mannheim sagen, denn heute ist auch die Tour du Syndikat hier zu Gast:

Wir bewerben uns natürlich um noch freie Flächen hier auf Turley, aber die MWSP setzt andere Prioritäten als Bezahlbaren Wohnraum und hat wohl auch andere Vorstellungen von Gemeinwohl. Und sie hat das Sagen.

Wir hoffen also, dass Esperanza auf Franklin – manche haben die Fläche heute Morgen schon mit dem Rad im Rahmen der Tour Du Syndikat besucht, noch einmal ein Syndikatsprojekt auf einer Konversionsfläche realisieren kann.

Deutlich muss aber gesagt werden, dass UnterstützerInnen des Syndikats uns auf Flächen bringen müssen, die nicht von der MWSP verwaltet werden. Da gibt es ganz konkret noch eine nennenswert großes auf Hammond in Seckenheim, das von der BIMA entwickelt wird, aber auf das die Stadt Einfluss hat. Hier gäbe es Bezahlbaren Wohnraum für 500 Personen!

Eine aktuell große Hoffnung und Vorbild für alle Mannheimer Stadtteile könnte entstehen, wenn es den MieterInnen aus der Stamitzstr. 7 gelingt, ihr Mietshaus von einem Immobilienhändler zurückzukaufen… es ist überall derselbe Kampf!

Als Mietshäuser Syndikat protestieren wir gegen den drohenden ungeregelten Ausverkauf und die unerträgliche Spekulation mit dem Quartier Turley.

Informiert Euch, bleibt uns wohlgesonnen, helft mit!

Rede von Dennis Ulas (Stadtrat Die Linke)

Liebe wohnungspolitisch Interessierte,

die Nachricht, dass sechs Gebäude und ein unbebautes Grundstück auf Turley zwangsversteigert werden, hat uns alle wieder einmal aufgeschreckt. Wieder einmal, weil es erneut das Turley-Areal in der Neckarstadt-Ost betrifft und weil es wieder um den Investor Tom Bock geht.

Tom Bock ist 2010 als Ankerinvestor für das erste militärische Konversionsprojekt Turley aufgetreten und hatte vor fast genau zehn Jahren elf von 14 Bestandsgebäuden sowie unbebaute Grundstücke und gekauft. Die städtische Projektentwicklungsgesellschaft MWSP war froh über diesen Deal: Sie musste die militärischen Flächen zunächst von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) abkaufen und musste somit finanziell in Vorleistung treten. Durch den Verkauf ist wieder Geld in die Kasse der MWSP gekommen. Im Gesellschaftsvertrag der MWSP ist nämlich der Verkauf von Grundstücken zur städtebaulichen Entwicklung ausdrücklich vorgesehen.

Der bisherige Höhepunkt, mit dem Tom Bock negativ auf sich aufmerksam machte, war der Verkauf seines bis dahin unbebauten Grundstücks in den Baufeldern IV und V, wo er ein Luxus-Wohnviertel und Büroflächen realisieren wollte. Dieses Areal hatte er 2012 und 2015 für insgesamt 6 Millionen Euro von der MWSP gekauft und im Spätsommer 2018 – nur wenige Jahre später – für 36 Millionen Euro weiterverkauft. Der neue Eigentümer Fortoon, eine Tochterfirma des Sportwettenanbieters Tipico mit Hauptsatz in der Steueroase Malta, beteuert, dies zu einem marktüblichen Preis gekauft zu haben. Zumindest geht hier die Entwicklung voran und es entstehen mehr Wohneinheiten und Mietwohnungen als zuvor von Tom Bock geplant. Auch greift hier die Sozialquote, wodurch 50 preisgünstige Wohnungen entstehen werden. Das ist jedoch nur ein Tropfen auf einen heißen Stein, da die Bindungszeit nur maximal 20 Jahre betragen wird und die übrigen Wohnungen einen für Neubau überdurchschnittlichen Mietpreis haben werden.

Im Sommer 2019 hat die Stadt alle Verträge mit Tom Bock gekündigt, nachdem hier schon jahrelanger Stillstand auf den Baustellen herrschte. Nur ein Teil der Gebäude hat Tom Bock umgebaut, renoviert und fertiggestellt. Bei anderen Objekten ruhte die Baustelle irgendwann, wie bspw. bei dem geplanten Hotel am Eingang von Turley, bei der ehemaligen Reiterhalle oder beim eingeschossigen als Gastronomie geplanten Pavillon. Die Begründung der Stadt für die Kündigung der Verträge war, dass sie die Entwicklung von Turley gefährdet sah – womit die Stadt vollkommen Recht hat, was sie aber auch durchaus selbst zu verschulden hat, wenn man an den Geschäftszweck und das Vorgehen der MWSP in den Jahren zuvor denkt.

Seit nun über drei Jahren läuft also der Rechtsstreit zwischen Tom Bock und der Stadt, bei den Objekten von Tom Bock herrscht seitdem weiterhin Stillstand. Auch die Tiefgarage unter dem Turley-Platz ist bis heute nicht begonnen worden, obwohl Tiefgarage und der darüber liegende Platz schon längst hätten fertiggestellt und neugestaltet sein sollen. Das Verfahren seit der Kündigung hat noch immer kein rechtskräftiges Urteil, was die Situation weiterhin erschwert. Die MWSP hat nach der Kündigung ihrerseits eine Vormerkung in die Grundbücher der betreffenden Objekte eintragen, also einen Widerspruch zum Vollzug der Kaufverträge mit Tom Bock. Diese sollten der MWSP die Möglichkeit bieten, alle Grundstücke und Gebäude zurückzunehmen und zugleich verhindern, dass Tom Bock diese an Dritte weiterverkaufen kann. Dass es trotz diesem eingelegten Widerspruch zum Vollzug der Kaufverträge in den Grundbüchern zur Zwangsversteigerung kommt, könnte an dem noch offenen Urteil im Rechtsstreit zwischen Tom Bock und der MWSP liegen, aber auch an der erforderlichen Entschädigungszahlungen durch die MWSP an Tom Bock für die bereits getätigten Arbeiten. Eine konkrete Aussage zu dieser angedachten und nicht erfolgten oder nicht möglichen Rückabwicklung der Kaufverträge ist die MWSP dem Aufsichtsrat und der Bevölkerung aber noch schuldig.

Die sieben zur Versteigerung anstehenden Objekte haben einen Verkehrswert von 22 Millionen Euro – ein sehr großer Batzen Geld. Die Preisspanne unter den Objekten reicht von 150.000 € für den kleinen Pavillon bis hin zu 15 Millionen Euro für das umfassend sanierte und bewohnte Gebäude am Turleyplatz 11. Im Zuge der Versteigerung wird dieser Wert aber vielleicht noch deutlich übertroffen werden, denn Geld ist auf dem Markt (noch) genug vorhanden. Erfahrungsgemäß liegt der auf dem Markt erzielbare Verkaufspreis deutlich über dem Verkehrswert, weil Investoren gerne bereit sind, ihr Geld – woher auch immer es stammt – in Grundstücken und Immobilien zu parken. Parken deshalb, weil die Gelder durchaus aus dubiosen Quellen stammen oder veruntreut sein können. Und natürlich, weil keine Gelegenheit ungenutzt bleibt, mehr Geld durch Weiterverkauf zu generieren.

So hat sich nun herausgestellt, dass das Geld, mit dem Tom Bock 2012 die Gebäude und Grundstücke gekauft hatte und mit dem er die Bauarbeiten finanziert hatte, teilweise aus veruntreuten Quellen stammt, wie ein Bericht im Neckarstadtblog aufdeckt. Mindestens 5,5 Millionen Euro stammen aus unterschlagenem Geld aus dem 1MDB-Skandal. Nachdem dieser Skandal aufgeflogen war, wurde bei Tom Bock offensichtlich das Geld knapp, was die Einstellung der Bautätigkeiten, sein Werben um frisches Geld über Crowdinvestment und dem Verkauf der Baufelder IV und V resultiert. Ab Ende 2019 melden einige seiner Unternehmen Insolvenz an. Somit ist der Insolvenzverwalter Herr über das Vermögen von Tom Bock und dieser muss die Ansprüche der Gläubiger befriedigen. Die Befriedigung ihrer Ansprüche erfolgt nun mit der Zwangsversteigerung.

Angeordnet wurde die Zwangsversteigerung von der Hauptgläubigerin Sparkasse Rhein-Neckar Nord. Wer die weiteren Gläubiger sind, ist jedoch nicht bekannt. Dargestellt wird die Zwangsversteigerung als ultima ratio, als letztes Mittel, da alle bisherigen Verhandlungen in den vergangenen zwei Jahren zwischen Gläubigern, MWSP und Tom Bock gescheitert sind. So wie wir Tom Bock in den vergangenen Jahren erlebt und kennengelernt haben, dürften die Verhandlungen allein an ihm gescheitert sein. Tom Bock schweigt sich in der Öffentlichkeit weiterhin aus. In einem ausführlichen Interview im Mannheimer Morgen vom Oktober 2020 stellt er sich als Opfer dar, weist alle Schuld von sich und schiebt die Schuld stattdessen der MWSP zu, die er für die Jahre lange Hängepartie verantwortlich macht. Seitdem hat er sich öffentlich nicht mehr zu Wort gemeldet.

Was auf Turley jedoch benötigt wird, sind keine weiteren Luxus-Wohnungen oder Mietpreise von 16 € aufwärts pro Quadratmeter. Wir wollen hier keine weiteren Heuschrecken oder Immobilienhaie anlocken, die den größtmöglichen Profit aus den Gebäuden und ihren bestehenden und künftigen Bewohner*innen und Nutzer*innen quetschen wollen. Was wir auf Turley und ganz Mannheim benötigen, sind gemeinwohlorientierte Bauträger, die nicht auf Rendite aus sind, und preisgünstige Wohnungen. Es ist zwar erfreulich, dass ein Privatinvestor in der Fritz-Salm-Straße ein Mehrfamilienhaus mit 100 Prozent geförderten Mietwohnungen errichten wird. Aber das reicht bei Weitem nicht aus, wenn wir uns den Bedarf in der Stadt ansehen. Noch immer werden zu wenige preiswerte Wohnungen im Neubausektor realisiert – nur knapp 20 Prozent – während im Bestand die Mieten immer weiter steigen und immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen als neue hinzukommen.

Was muss die Stadt daraus lernen? Aus dem Grundstücksdeal von Tom Bock 2018 hat sie gelernt, die Weiterveräußerung innerhalb bestimmter Fristen zu unterbinden. Aber sie muss aus den gescheiterten Visionen und Versprechen von Tom Bock lernen, dass man Stadtentwicklung nicht auf dem Markt an einen höchstbietenden Privaten abgeben darf. Auch der vor vielen Jahren beschlossene Bebauungsplan trägt nicht zur weiteren Entwicklung des Turley-Areals bei, wenn der Privatinvestor insolvent ist und ein Rechtstreit sich über Jahre hinweg hinzieht. Zu glauben, dass mit der Zwangsversteigerung neue, solvente und am Stadtteil interessierte Investoren zum Zuge kommen, ist sehr naiv. Denn dauerhaft preisgünstige Wohnungen und gemeinwohlorientierte Nutzungen werden nicht entstehen, wenn wieder einmal der Höchstbietende den Zuschlag erhält. Stattdessen werden wieder Wohnungen oder Nutzungen entstehen, die den Privatinvestoren größtmöglichen Profit generieren, was nicht den Bedürfnissen des Quartiers und der Wohnungssuchenden in Mannheim entspricht.

Wir erwarten von der Geschäftsführung der MWSP, dass sie uns die weiteren Gläubiger neben der Sparkasse Rhein-Neckar Nord nennt und erklärt, ob sie Gespräche mit ihnen über andere Lösungen als der Zwangsversteigerungen geführt hat. Weiterhin erwarten wir von der MWSP, dass sie alle Hebel in Bewegung setzt, die Zwangsversteigerungen noch zu verhindern und eine Rückabwicklung der Kaufverträge mit Tom Bock herbeiführt. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die Stadt die volle Kontrolle über das Turley-Areal zurückerhält, um die Stadtentwicklung stärker an gemeinwohlorientierten Kriterien voranbringen zu können. Mannheim braucht mehr preiswerten Wohnraum und eine Stadtentwicklung, die sich an sozialen und ökologischen Kriterien orientiert – und hierfür muss entsprechend handeln, um diese Entwicklung auf Turley in die richtige Bahn zu lenken.


Dieser Bericht erschien ebenfalls bei Kommunalinfo Mannheim.

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