Sicherheitsdezernent Dr. Volker Proffen | Bild: Stadt Mannheim (YouTube)
Ein neues Maßnahmenpaket soll Mannheim besser schützen – vor Fahrzeugangriffen, bei Veranstaltungen und mit mehr Videoüberwachung.
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Bürgermeister Dr. Volker Proffen hat am 13. Mai 2025 im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung das „Mannheimer Sicherheitspaket“ vorgestellt. Es handelt sich dabei, so Proffen, „nicht um ein statisches, fertig ausgearbeitetes Konzept bis in jede Tiefe, jedes Detail und jede Verästelung, sondern um einen Fahrplan für die kommenden Jahre und erst mal kurzfristig gesagt für die kommenden Monate.“
Videoüberwachung soll ausgeweitet werden
Im ersten Teil des Pakets kündigte Proffen eine Weiterentwicklung des Programms zur Videoüberwachung an, das seit 2018 in Mannheim besteht. Die Stadt arbeite hier eng mit dem Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums zusammen. Die Technik sei gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut entwickelt worden und nutze unter anderem KI-basierte Bildauswertung. Diese erkenne „wenn auf einem der Bildschirme gestoßen, geschlagen oder getreten wird oder Menschen hinfallen“.
Auch sieben Jahre nach Einführung der „smarten“ Videoüberwachung mit KI, bindet die Technik noch wertvolles Polizeipersonal (Archivbild 2023) | Foto: M. Schülke
Nach Angaben Proffens kommt die Polizei aufgrund der Videoüberwachung jährlich in „weit mehr als 300 Fällen“ Menschen zu Hilfe – meist mit Eintreffzeiten „zwischen zwei und drei Minuten“. Das System erfülle „höchste Anforderungen des Datenschutzes“ und werde kontinuierlich weiterentwickelt.
Im Vortrag kündigte Proffen an, eine Ausweitung der Überwachung auf „weitere Stellen“ zu prüfen. Er nannte konkret den Plankenkopf und den südlichen Bahnhofsvorplatz. Letzterer betrifft die Südseite des neu entstehenden Bahnhofsvorplatzes im Glücksteinquartier. Entscheidungsgrundlage sei das Lagebild des Polizeipräsidiums. Die bestehenden Kamerastandorte – Paradeplatz, Breite Straße, Marktplatz, Willy-Brandt-Platz und Alter Messplatz – bleiben unverändert.
Schutzmaßnahmen gegen Fahrzeugangriffe
Die zweite Maßnahme betrifft den baulichen und organisatorischen Schutz sogenannter „anschlagskritischer Orte“. Proffen sagte: „Leider werden Fahrzeuge verstärkt als Waffe eingesetzt – in Berlin, Magdeburg und vor kurzem auch bei uns in Mannheim.“
Er erinnerte an erste Maßnahmen aus dem Jahr 2018 bei der Sanierung der Planken, etwa versenkbare und statische Poller oder ein Zufahrtskonzept für Lieferverkehr. Die Planken stellten jedoch besondere Herausforderungen dar: „Zum einen ist da die Straßenbahn“, außerdem müssten „Zufahrt für Feuerwehr, Rettungswägen, Notärzte und Polizei“ jederzeit möglich bleiben. Eine vollständige Absperrung sei deshalb nicht machbar: „Die Innenstadt wird nicht zur Festung ausgebaut.“
Zur Weiterentwicklung wurde eine verwaltungsübergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt. Beteiligt sind der Fachbereich Sicherheit und Ordnung, die Feuerwehr, Stadtentwicklung und Stadtplanung, Polizei, Stadtraumservice sowie externe Fachleute. Proffen kündigte an, dass die Projektgruppe Mitte Mai ihre Arbeit aufnehmen werde. Ziel ist eine systematische Gefährdungsanalyse aller potenziell gefährdeten Orte, einschließlich der Mannheimer Fußgängerzone. Die Stadt prüft bauliche Mittel wie Poller, Pflanzkübel, Bänke oder Mülleimer sowie organisatorische Maßnahmen wie Zufahrtsregelungen.
Veranstaltungsschutz mit städtischem Schutzequipment
Die dritte Maßnahme betrifft den Schutz von Veranstaltungen vor Fahrzeugangriffen. Zwar erstellt die Stadt für Großveranstaltungen bereits heute individuelle Schutzkonzepte, künftig will sie diese aber durch eigenes Schutzequipment ergänzen. Geplant ist die Beschaffung – nicht mehr nur Miete – von mobilen Sperren wie Poller, Gitter oder Fahrzeugen, die bei Bedarf eingesetzt und an Veranstalter ausgeliehen werden können.
Die Stadt will dieses Material Veranstaltern auch von mittleren Veranstaltungen, etwa bei Stadtteilfesten, zur Verfügung stellen. Ziel sei eine möglichst kostenneutrale Lösung, so Proffen. Eine pauschale Ausstattung sei aber nicht vorgesehen: „Wir werden jetzt nicht jeden Flohmarkt mit drei Verkaufstischen mit riesigen Pollern versehen müssen und können.“ Grundlage für die Ausstattung ist jeweils die individuelle Gefährdungsbeurteilung. Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung bewertet dafür Veranstaltungen anhand festgelegter Kriterien und aktueller Lageeinschätzungen.
Ausstattung und Ausbildung des Vollzugsdienstes
Die vierte Maßnahme betrifft den Gemeindevollzugsdienst (KOD). Proffen kündigte an, Ausrüstung und Ausbildung zu prüfen. „Wir werden in den kommenden Monaten herausarbeiten, welche Defizite in der Ausrüstung bestehen, wie diese behoben werden können.“ Untersucht werde unter anderem persönliche Schutzausrüstung, Kommunikationsmittel wie Funkgeräte, Leitstellenanbindung und Erste-Hilfe-Material.
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Die Stadt will auch das Ausbildungskonzept überprüfen: „Beispiele der Ausbildung sind zum Beispiel Abwehr- und Zugriffstraining, Deeskalationstraining, Erste Hilfe oder auch die Vermittlung rechtlicher Hintergründe.“ Derzeit gebe es keine landesweit einheitlichen Vorgaben für Ausbildung, Ausstattung und Befugnisse, was einen Vergleich mit anderen Städten erforderlich mache. Parallel läuft nach Angaben der Verwaltung eine Umfrage unter den größeren Ordnungsämtern Baden-Württembergs, um landesweit Best Practices zu erfassen.
Andere Perspektiven auf Sicherheit
In der anschließenden Aussprache griff Holger Schmid (Freie Wähler/ML) das Thema Videoüberwachung erneut auf und forderte eine deutlichere Ausweitung. Er sagte: „Wir plädieren tatsächlich für eine massive Ausweitung.“ Zur Illustration verwies er auf Frankreich: „Das Beispiel – und das werden wir die nächsten Monate wie eine Monstranz vor uns hertragen – Toulon: 320 Kameras und es funktioniert.“ Außerdem fragte er: „Auch das Thema Drohnenabwehr, das haben wir in Toulon auch gesehen. Ist da auch irgendwo in Mannheim angedacht, sich mit dem Thema zu beschäftigen?“
Dazu erklärte Bürgermeister Proffen: „Das Thema Drohnenabwehr ist im Moment noch nicht bei uns im Fokus.“ Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer ergänzte: „Die Polizei verfügt über Kompetenzen bei der Drohnenabwehr.“
Debatte um Überwachung und Grundrechte
Volker Beisel (FDP) äußerte Zweifel an der Leistungsfähigkeit des KI-Systems: „Alles, was ich bisher gehört oder gelesen habe, sagt ja, dass es noch nicht das liefert, was es eigentlich liefern sollte.“ Auch stellte er die Frage, ob die gefühlte Sicherheit durch Kameras mit tatsächlicher Kriminalitätsentwicklung übereinstimme.
Jürgen Dörr (CDU) erinnerte daran, dass der KOD laut § 125 Polizeigesetz BW bei der Aufgabenwahrnehmung den Status von Polizeibeamten habe. Er regte an, über eine entsprechende Ausstattung und Entlohnung nachzudenken.
Chris Rihm (Grüne) fragte nach der Finanzierung der geplanten Maßnahmen, der Höhe des Krankenstands im Vollzugsdienst sowie der Zahl offener Stellen. Er wollte zudem wissen, wie die Stadt verhindere, kleinere Vereinsveranstaltungen durch neue Anforderungen übermäßig zu belasten. Außerdem bat er um Informationen zur konkreten Vergabepraxis für städtisches Schutzequipment wie Gatter oder Poller.
Christina Eberle (Grüne) sprach sich für eine stärkere Verknüpfung von Sicherheit und Sozialarbeit aus. Sie forderte, die aufsuchende Sozialarbeit und Streetwork stärker in das Sicherheitskonzept zu integrieren. Als mögliches Vorbild nannte sie ein früheres Tandemprojekt, bei dem Teams des KOD gemeinsam mit Mitarbeitenden der Wohnungslosenhilfe unterwegs waren. Dieses Modell sei erfolgreich gewesen und solle reaktiviert werden.
Bernhard Boll (SPD) zeigte sich grundsätzlich offen für einzelne Maßnahmen, äußerte jedoch grundsätzliche Skepsis gegenüber der Annahme, dass mehr Kameras automatisch zu mehr Sicherheit führen. Er sagte: „Zum einen finde ich diese unterstellte Sicherheit – je mehr Kameras man ausstellt, desto größer wird die Sicherheit – fragwürdig. Zweitens leben wir immer noch, und das ist für mich ein Wert, der genauso diskutiert werden muss, in einer offenen Gesellschaft, einer liberalen Demokratie mit entsprechenden Freiheiten, Individualrechten.“
Mit Blick auf die im Ausschuss geäußerten Bedenken betonte Proffen abschließend: „Wir planen keine Verdoppelung und keine Verdreifachung“ der Kameras.
Breite Zustimmung – aber Videoüberwachung bleibt umstritten
Das Sicherheitspaket wurde im Ausschuss mit Ausnahme der Videoüberwachung parteiübergreifend positiv aufgenommen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz öffentlicher Räume, zur Ausstattung des Vollzugsdienstes und zur Sicherung von Veranstaltungen stießen auf breite Zustimmung.
Die geplante Ausweitung der Videoüberwachung bleibt jedoch politisch umstritten. Dabei zeigte sich die bekannte Trennlinie zwischen Parteien mit eher autoritärer Perspektive und solchen, die liberaler aufgestellt sind. Im Verlauf der Sitzung wurde deutlich, dass das Thema größer ist als dieses Paket – und eine vertiefte gesellschaftliche und politische Debatte verdient.
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Ein neues Maßnahmenpaket soll Mannheim besser schützen – vor Fahrzeugangriffen, bei Veranstaltungen und mit mehr Videoüberwachung.
Bürgermeister Dr. Volker Proffen hat am 13. Mai 2025 im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung das „Mannheimer Sicherheitspaket“ vorgestellt. Es handelt sich dabei, so Proffen, „nicht um ein statisches, fertig ausgearbeitetes Konzept bis in jede Tiefe, jedes Detail und jede Verästelung, sondern um einen Fahrplan für die kommenden Jahre und erst mal kurzfristig gesagt für die kommenden Monate.“
Videoüberwachung soll ausgeweitet werden
Im ersten Teil des Pakets kündigte Proffen eine Weiterentwicklung des Programms zur Videoüberwachung an, das seit 2018 in Mannheim besteht. Die Stadt arbeite hier eng mit dem Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums zusammen. Die Technik sei gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut entwickelt worden und nutze unter anderem KI-basierte Bildauswertung. Diese erkenne „wenn auf einem der Bildschirme gestoßen, geschlagen oder getreten wird oder Menschen hinfallen“.
Nach Angaben Proffens kommt die Polizei aufgrund der Videoüberwachung jährlich in „weit mehr als 300 Fällen“ Menschen zu Hilfe – meist mit Eintreffzeiten „zwischen zwei und drei Minuten“. Das System erfülle „höchste Anforderungen des Datenschutzes“ und werde kontinuierlich weiterentwickelt.
Im Vortrag kündigte Proffen an, eine Ausweitung der Überwachung auf „weitere Stellen“ zu prüfen. Er nannte konkret den Plankenkopf und den südlichen Bahnhofsvorplatz. Letzterer betrifft die Südseite des neu entstehenden Bahnhofsvorplatzes im Glücksteinquartier. Entscheidungsgrundlage sei das Lagebild des Polizeipräsidiums. Die bestehenden Kamerastandorte – Paradeplatz, Breite Straße, Marktplatz, Willy-Brandt-Platz und Alter Messplatz – bleiben unverändert.
Schutzmaßnahmen gegen Fahrzeugangriffe
Die zweite Maßnahme betrifft den baulichen und organisatorischen Schutz sogenannter „anschlagskritischer Orte“. Proffen sagte: „Leider werden Fahrzeuge verstärkt als Waffe eingesetzt – in Berlin, Magdeburg und vor kurzem auch bei uns in Mannheim.“
Er erinnerte an erste Maßnahmen aus dem Jahr 2018 bei der Sanierung der Planken, etwa versenkbare und statische Poller oder ein Zufahrtskonzept für Lieferverkehr. Die Planken stellten jedoch besondere Herausforderungen dar: „Zum einen ist da die Straßenbahn“, außerdem müssten „Zufahrt für Feuerwehr, Rettungswägen, Notärzte und Polizei“ jederzeit möglich bleiben. Eine vollständige Absperrung sei deshalb nicht machbar: „Die Innenstadt wird nicht zur Festung ausgebaut.“
Zur Weiterentwicklung wurde eine verwaltungsübergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt. Beteiligt sind der Fachbereich Sicherheit und Ordnung, die Feuerwehr, Stadtentwicklung und Stadtplanung, Polizei, Stadtraumservice sowie externe Fachleute. Proffen kündigte an, dass die Projektgruppe Mitte Mai ihre Arbeit aufnehmen werde. Ziel ist eine systematische Gefährdungsanalyse aller potenziell gefährdeten Orte, einschließlich der Mannheimer Fußgängerzone. Die Stadt prüft bauliche Mittel wie Poller, Pflanzkübel, Bänke oder Mülleimer sowie organisatorische Maßnahmen wie Zufahrtsregelungen.
Veranstaltungsschutz mit städtischem Schutzequipment
Die dritte Maßnahme betrifft den Schutz von Veranstaltungen vor Fahrzeugangriffen. Zwar erstellt die Stadt für Großveranstaltungen bereits heute individuelle Schutzkonzepte, künftig will sie diese aber durch eigenes Schutzequipment ergänzen. Geplant ist die Beschaffung – nicht mehr nur Miete – von mobilen Sperren wie Poller, Gitter oder Fahrzeugen, die bei Bedarf eingesetzt und an Veranstalter ausgeliehen werden können.
Die Stadt will dieses Material Veranstaltern auch von mittleren Veranstaltungen, etwa bei Stadtteilfesten, zur Verfügung stellen. Ziel sei eine möglichst kostenneutrale Lösung, so Proffen. Eine pauschale Ausstattung sei aber nicht vorgesehen: „Wir werden jetzt nicht jeden Flohmarkt mit drei Verkaufstischen mit riesigen Pollern versehen müssen und können.“ Grundlage für die Ausstattung ist jeweils die individuelle Gefährdungsbeurteilung. Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung bewertet dafür Veranstaltungen anhand festgelegter Kriterien und aktueller Lageeinschätzungen.
Ausstattung und Ausbildung des Vollzugsdienstes
Die vierte Maßnahme betrifft den Gemeindevollzugsdienst (KOD). Proffen kündigte an, Ausrüstung und Ausbildung zu prüfen. „Wir werden in den kommenden Monaten herausarbeiten, welche Defizite in der Ausrüstung bestehen, wie diese behoben werden können.“ Untersucht werde unter anderem persönliche Schutzausrüstung, Kommunikationsmittel wie Funkgeräte, Leitstellenanbindung und Erste-Hilfe-Material.
Die Stadt will auch das Ausbildungskonzept überprüfen: „Beispiele der Ausbildung sind zum Beispiel Abwehr- und Zugriffstraining, Deeskalationstraining, Erste Hilfe oder auch die Vermittlung rechtlicher Hintergründe.“ Derzeit gebe es keine landesweit einheitlichen Vorgaben für Ausbildung, Ausstattung und Befugnisse, was einen Vergleich mit anderen Städten erforderlich mache. Parallel läuft nach Angaben der Verwaltung eine Umfrage unter den größeren Ordnungsämtern Baden-Württembergs, um landesweit Best Practices zu erfassen.
Andere Perspektiven auf Sicherheit
In der anschließenden Aussprache griff Holger Schmid (Freie Wähler/ML) das Thema Videoüberwachung erneut auf und forderte eine deutlichere Ausweitung. Er sagte: „Wir plädieren tatsächlich für eine massive Ausweitung.“ Zur Illustration verwies er auf Frankreich: „Das Beispiel – und das werden wir die nächsten Monate wie eine Monstranz vor uns hertragen – Toulon: 320 Kameras und es funktioniert.“ Außerdem fragte er: „Auch das Thema Drohnenabwehr, das haben wir in Toulon auch gesehen. Ist da auch irgendwo in Mannheim angedacht, sich mit dem Thema zu beschäftigen?“
Dazu erklärte Bürgermeister Proffen: „Das Thema Drohnenabwehr ist im Moment noch nicht bei uns im Fokus.“ Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer ergänzte: „Die Polizei verfügt über Kompetenzen bei der Drohnenabwehr.“
Debatte um Überwachung und Grundrechte
Volker Beisel (FDP) äußerte Zweifel an der Leistungsfähigkeit des KI-Systems: „Alles, was ich bisher gehört oder gelesen habe, sagt ja, dass es noch nicht das liefert, was es eigentlich liefern sollte.“ Auch stellte er die Frage, ob die gefühlte Sicherheit durch Kameras mit tatsächlicher Kriminalitätsentwicklung übereinstimme.
Jürgen Dörr (CDU) erinnerte daran, dass der KOD laut § 125 Polizeigesetz BW bei der Aufgabenwahrnehmung den Status von Polizeibeamten habe. Er regte an, über eine entsprechende Ausstattung und Entlohnung nachzudenken.
Chris Rihm (Grüne) fragte nach der Finanzierung der geplanten Maßnahmen, der Höhe des Krankenstands im Vollzugsdienst sowie der Zahl offener Stellen. Er wollte zudem wissen, wie die Stadt verhindere, kleinere Vereinsveranstaltungen durch neue Anforderungen übermäßig zu belasten. Außerdem bat er um Informationen zur konkreten Vergabepraxis für städtisches Schutzequipment wie Gatter oder Poller.
Christina Eberle (Grüne) sprach sich für eine stärkere Verknüpfung von Sicherheit und Sozialarbeit aus. Sie forderte, die aufsuchende Sozialarbeit und Streetwork stärker in das Sicherheitskonzept zu integrieren. Als mögliches Vorbild nannte sie ein früheres Tandemprojekt, bei dem Teams des KOD gemeinsam mit Mitarbeitenden der Wohnungslosenhilfe unterwegs waren. Dieses Modell sei erfolgreich gewesen und solle reaktiviert werden.
Bernhard Boll (SPD) zeigte sich grundsätzlich offen für einzelne Maßnahmen, äußerte jedoch grundsätzliche Skepsis gegenüber der Annahme, dass mehr Kameras automatisch zu mehr Sicherheit führen. Er sagte: „Zum einen finde ich diese unterstellte Sicherheit – je mehr Kameras man ausstellt, desto größer wird die Sicherheit – fragwürdig. Zweitens leben wir immer noch, und das ist für mich ein Wert, der genauso diskutiert werden muss, in einer offenen Gesellschaft, einer liberalen Demokratie mit entsprechenden Freiheiten, Individualrechten.“
Mit Blick auf die im Ausschuss geäußerten Bedenken betonte Proffen abschließend: „Wir planen keine Verdoppelung und keine Verdreifachung“ der Kameras.
Breite Zustimmung – aber Videoüberwachung bleibt umstritten
Das Sicherheitspaket wurde im Ausschuss mit Ausnahme der Videoüberwachung parteiübergreifend positiv aufgenommen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz öffentlicher Räume, zur Ausstattung des Vollzugsdienstes und zur Sicherung von Veranstaltungen stießen auf breite Zustimmung.
Die geplante Ausweitung der Videoüberwachung bleibt jedoch politisch umstritten. Dabei zeigte sich die bekannte Trennlinie zwischen Parteien mit eher autoritärer Perspektive und solchen, die liberaler aufgestellt sind. Im Verlauf der Sitzung wurde deutlich, dass das Thema größer ist als dieses Paket – und eine vertiefte gesellschaftliche und politische Debatte verdient.
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