Nachbarschaft Stadtentwicklung

Kinder würden zwischen Autos und Abgasen spielen…

Annika Bohn ruft zum Protest gegen den Parkplatzbau vor den Kinderhäusern am Herzogenriedbad auf und bekommt viel Zuspruch von Eltern.

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Die geplante Umnutzung der autofreien Wiese neben dem Herzogenriedbad zu einer Stellplatzfläche sorgt weiterhin für Protest. Annika Bohn hat eine Petition gestartet, die mittlerweile über 2400 Menschen unterschrieben haben. Im Interview erklärt sie ihre Beweggründe und fordert eine politische Neubewertung.

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Mit diesem Flyer lädt die Petitionsstarterin zu einem bildhaften Beweis des Engagements im Stadtteil ein | Flyer: A. Bohn

Fototermin zum Erhalt der Wiese

Am Freitag, 19. September 2025, um 15:30 Uhr lädt sie alle Unterstützer*innen zu einem Fototermin an der betroffenen Fläche ein. Treffpunkt ist die Wiese hinter dem Kinderhaus August-Kuhn (August-Kuhn-Straße 27, Neckarstadt-Ost). Das Bild soll der Stadt zeigen, wie wichtig den Menschen vor Ort der Erhalt dieses geschützten Raums ist. Die Petition selbst soll am 24. September eingereicht werden. Der Gemeinderat entscheidet dann am 9. Oktober.

Interview mit Petitionsstarterin

Die Stadt verweist darauf, dass die Stellplätze vor dem Herzogenriedbad für das neue Kombibad rechtlich vorgeschrieben und dringend für den Besucherzuwachs benötigt werden. Welche alternativen Lösungen für den erhöhten Parkbedarf sehen Sie, und wie lässt sich deren Umsetzbarkeit belegen?

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Annika Bohn mit Sam | Foto: privat

Annika Bohn: Die Landesbauverordnung lässt an dieser Stelle Flexibilität zu. Denn die sogenannte Stellplatzpflicht kann auch auf einem anderen Grundstück erfüllt werden.

Es gibt in der Nähe den Neuen Messplatz, der regelmäßig von der Stadt als Parkplatz für die Besucher*innen des Freibads genannt wird. Außerdem gibt es die Fläche beim Kaufland, auf der momentan noch Baucontainer stehen, die als Parkplatz genutzt werden kann.

Es wäre auch eine Möglichkeit, ergänzend zu den beiden genannten Flächen für die nächsten Jahre Parkplätze zu zählen, um zu sehen, ob die Plätze auf der jetzigen Grünfläche wirklich nötig sind. Viele Bauvorschriften stammen aus einer Zeit, in der der Klimawandel nicht berücksichtigt wurde. Wenn die Stadt befürchtet, dass aufgrund fehlender Parkplätze direkt vor dem Eingang weniger Gäste kämen, könnte auch ein kostenfreies Tagesticket für den ÖPNV im Eintrittspreis inkludiert sein. Das wäre ein Anreiz, der klimaschonend ist.

Ersatzgrün

Die Verwaltung verspricht, die bestehenden Bäume zu erhalten und an anderer Stelle neue Grünflächen als Ausgleich zu schaffen. Wie bewerten Sie dieses Ausgleichskonzept? Ist „Grünfläche gleich Grünfläche“?

Annika Bohn: In den Plänen, die ich gesehen habe, werden die großen alten Bäume nicht erhalten, sondern lediglich die Baumreihe, die vor ein paar Jahren angelegt wurde.

Bislang ist mir nicht bekannt, wo die andere Grünfläche als Ausgleich sein soll. Es handelt sich um einen Zielkonflikt, denn die Anwohnenden möchten diese Fläche erhalten und die Stadt hat andere Pläne. Diese Grünfläche liegt in einem verkehrsfreien Bereich. Der Erhalt ist mir insbesondere deshalb so wichtig, weil sich viele kleine Kinder dort täglich aufhalten. Es spielen auch Kinder dort, die sonst kaum Orte haben, die sie kosten- und gefahrenfrei nutzen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zu den gleichen Bedingungen in der Nähe eine Grünfläche für uns Anwohnende vorhanden ist, sonst würde ich sie kennen. Daher ist es für mich kein Ausgleichsangebot.

Bodenbelag

Gegner Ihrer Petition könnten argumentieren, dass eine wassergebundene Decke (Schotter/Splitt) keine vollständige Versiegelung darstellt und damit wenigstens Regenwasser versickern kann. Reicht diese Maßnahme aus Ihrer Sicht aus, um ökologische Nachteile zu vermeiden – und welche Risiken sehen Sie dennoch?

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So könnte die Fläche zukünftig aussehen | Bild: KI-generiert

Annika Bohn: Interessanterweise sind Schottergärten in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2020 laut Naturschutzgesetz verboten. Die Begründungen sind ökologisch. Sie beziehen sich auf negative Folgen für das Kleinklima. Insekten und Kleintiere wie Vögel oder Reptilien bieten Schottergärten kaum Nahrung oder einen Unterschlupf. Im Sommer heizt sich der Schotter stark auf, nachts kühlt er nur langsam wieder ab. Das heißt, die Kinder werden im Sommer noch heißere Temperaturen spüren. Es gibt keine Pflanzen, die den Staub filtern, und der Lärm der fahrenden Autos wird durch den Schotter verstärkt. Je nachdem, wie sich der Boden durch die Last der parkenden Autos verdichtet, kann das Wasser gar nicht oder nur schwer versickern. Der Aspekt der Verdichtung war ein weiterer relevanter Punkt für das Verbot.

Es erklärt sich mir nicht, wieso Schottergärten verboten sind, ein Schotterparkplatz aber anvisiert wird. Für mich klingt das nicht nach einer durchdachten Alternative und eher nach einer Beschönigung, um das Wort „Versiegelung“ nicht benutzen zu müssen. Im Endeffekt sind die Unterschiede zwischen einer Schotterdecke oder einer Versiegelung viel zu gering, als dass uns Anwohner*innen in der heißesten Stadt Deutschlands eine Schotterwüste zugemutet werden sollte.

Kindersicherheit

Wie beurteilen Sie die Auswirkungen des neuen Parkplatzes auf die Verkehrssicherheit vor den Kitas und die Gefahrenlage für die Kinder beim Bringen und Abholen?

Annika Bohn: Es fahren bereits angrenzend an die Grünfläche Autos. Diese parken auf der Fläche vor dem DLRG-Gebäude, und der Unterschied zum autofreien Bereich ist deutlich. Wir reden von kleinen Kindern, die mit dem Laufrad oder kleinen Rädern fahren, die schlecht aus dem Auto zu sehen sind. Ich bin täglich dort vor Ort, wenn ich mit meinem Hund spazieren gehe. Auch wenn ich keine Kinder habe, atme ich manchmal tief durch, wenn ein Auto trotz langsamer Geschwindigkeit anfährt. Denn Kinder bewegen sich unkontrolliert und aus der Situation heraus. Sie spielen und sind im Moment. Sie sollten auch ein Auto gar nicht berücksichtigen müssen. Ich denke schon, dass die Kinder mehr Gefahren ausgesetzt sein werden. Denn auch die Badegäste, die mit dem Fahrrad fahren werden, werden vor den Kindergärten zusätzlich Verkehr bringen, da die Abstellplätze hinter dem geplanten Parkplatz sein sollen. Das hieße, dass vor dem jetzigen Eingang des Herzogenriedbads die Autos fahren und die Fahrradfahrenden dann oft auf den Teerstreifen vor den Kindergärten ausweichen werden. Momentan fahren die Fahrradfahrer*innen nämlich meistens dort, wo bald Autos fahren sollen.

Die Eltern, die die Petition unterschrieben haben, waren mir gegenüber sehr dankbar, dass ich diese Initiative zeige. Eine Mutter sagte, als sie von den Plänen erfuhr, dass sie es unmöglich fände, sollte die Stadt die Parkplätze anlegen. Die Kinder würden quasi zwischen fahrenden Autos und Abgasen spielen. Sie befürchtet, dass das Abholen und Bringen stressig wird, denn die Autos werden einen Einfluss auf die unbeschwerte Bewegungsfreiheit nehmen.

Mitbestimmung

Die Stadtverwaltung hat gegenüber dem Mannheimer Morgen erklärt, dass die Petition keinen rechtlichen Einfluss auf die Planung habe. Wie gehen Sie mit dieser Einschätzung um? Glauben Sie, dass die Petition trotzdem etwas bewirken kann und wenn ja, wie?

Annika Bohn: Solche Aussagen finde ich weder hilfreich noch wertschätzend gegenüber den Wähler*innen. Einerseits wird sich von öffentlicher Seite beschwert, Menschen würden sich immer weniger einbringen. Andererseits wird ihr Engagement durch solche Aussagen als aussichtslos abgewiegelt. Eine solche Antwort, ohne sich mit der aktuellen Lage neu auseinanderzusetzen, halte ich nicht für klug. Mein Eindruck ist oft, dass die Menschen, die sich in diesen Strukturen bewegen und arbeiten, vergessen haben, was die Basis ihrer Arbeit eigentlich ist und sein sollte: Entscheidungen auf der Grundlage von Fürsorge und Versorgung für die Menschen zu treffen, von denen sie ein Mandat, also ein Vertrauensvotum, erhalten haben. Gerade zeigen Menschen, dass sie demokratisch mitbestimmen möchten. 2424 Menschen (Stand 16.09.25) fordern die Stadtverwaltung auf, ihre Pläne zu ändern. Das sollte gewürdigt und nicht im Vorfeld gelenkt werden.

Die Petition hat bereits etwas bewirkt, denn die Menschen sind im Gespräch und tauschen sich über ihre Perspektiven aus. Sie setzen sich für ihr Interesse ein. Die Stadt hat nun die Möglichkeit, eine gute Entscheidung für uns Menschen zu treffen, die wir hier leben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Redaktioneller Hinweis: Das Interview wurde aus organisatorischen Gründen schriftlich geführt.