Die geplante Ausstellung von Luigi Toscano in der Alten Feuerwache wurde abgesagt. Der Fotograf vermutet politische Einflussnahme.
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Luigi Toscano, international bekannt für seine Porträts von Holocaust-Überlebenden, kehrte nach einer Reise nach Israel mit einem neuen Projekt zurück. In dem Kibbutz Nir Oz, nahe der Grenze zum Gazastreifen, hatte er Überlebende des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 fotografiert. Diese Porträts, unter dem Titel „Schwarzer Shabbat – Black Shabbat“, zeigen 15 Menschen mit geschlossenen Augen, um den Moment der Erinnerung festzuhalten. Die Bilder sollten ein „Mahnmal für die Opfer“ und ein „Appell an die Menschlichkeit in einer von Konflikten gezeichneten Welt“ sein.
Der Streit um die Ausstellung
Ursprünglich sollten die Bilder an die Fassade der Alten Feuerwache projiziert werden, die bereits Toscanos frühere Ausstellung „Gegen das Vergessen“ unterstützt hatte. Laut Toscano habe der Geschäftsführer der Alten Feuerwache, Christian Handrich, dem Projekt zunächst zugestimmt. Doch nach einigen Wochen sei ihm signalisiert worden, dass die Ausstellung doch nicht umgesetzt werden könne.
Toscano erfuhr von zwei Personen, unabhängig voneinander, dass Oberbürgermeister Christian Specht die Ausstellung gestoppt habe. Offiziell bestätigt wurde ihm das nicht, und Toscano räumt ein, dass er keine handfesten Beweise dafür vorlegen könne, aber er habe keinen Grund, an den Aussagen zu zweifeln. „Ich stehe dazu und ich bleibe auch dabei“, sagte Toscano unserer Redaktion auf Nachfrage.
Stadt Mannheim weist Vorwürfe zurück
Die Stadt Mannheim reagierte auf Toscanos Vorwürfe mit einem klaren Dementi. Dirk Schuhmann, Leiter der Pressestelle, erklärte, dass der Oberbürgermeister in die Entscheidung nicht involviert gewesen sei. Das Team der Alten Feuerwache habe eigenständig entschieden, die Ausstellung aufgrund der aktuellen konfliktbeladenen Situation nicht umzusetzen. Die Verantwortlichen hätten befürchtet, dass die kontroversen Reaktionen, die zu erwarten waren, mit den verfügbaren Mitteln nicht angemessen begleitet werden könnten. Auch Christian Handrich, Geschäftsführer der Alten Feuerwache, betonte, dass das kleine Team der Alten Feuerwache nicht die nötigen Ressourcen gehabt habe, um die Ausstellung in diesem Umfeld durchzuführen. Eine Einflussnahme durch den Oberbürgermeister habe es nicht gegeben.
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Toscano bleibt skeptisch
Obwohl Toscano die offizielle Absage akzeptiert, bleibt er frustriert über den Ablauf und die fehlende Kommunikation. Er hätte sich gewünscht, in einem Gespräch mit den Verantwortlichen die Angelegenheit direkt zu klären. Besonders, dass er nicht direkt zu einem Gespräch mit Oberbürgermeister Specht eingeladen wurde, irritiert ihn. „Warum werde ich nicht an einen Tisch gerufen, um darüber zu sprechen?“, fragte Toscano. Künftig wolle er sich Absprachen und Entscheidungen schriftlich bestätigen lassen, um ähnliche Missverständnisse zu vermeiden.
Alternative Ausstellung in der Jüdischen Gemeinde
Trotz der Absage in der Alten Feuerwache werden einige der Bilder in Mannheim zu sehen sein. Die Jüdische Gemeinde hat Interesse an Toscanos Projekt bekundet, und vier der Porträts werden dort ausgestellt. Wer die Bilder sehen möchte, muss sich vorab telefonisch beim Gemeindebüro anmelden.
Kunstfreiheit und öffentliche Reaktionen
Die Diskussion um die Toscano-Ausstellung zeigt, wie sensibel das Thema Nahost-Konflikt auch in Mannheim diskutiert wird. Während die Stadt auf Eigenverantwortung und Kunstfreiheit pocht, bleibt Toscanos Eindruck bestehen, dass mehr hinter der Absage stecken könnte. Die Kunstfreiheit, die in Deutschland als hohes Gut gilt, gerät gerade in Konflikten wie dem Nahost-Konflikt unter Druck – oft nicht nur durch tatsächliche Proteste, sondern bereits durch die Angst vor heftigen Reaktionen. Künstlerische Auseinandersetzungen mit politischen und gesellschaftlichen Themen können von vehementen Protesten begleitet werden, was sowohl die Freiheit der Kunst als auch die Bereitschaft von Institutionen, solche Werke zu zeigen, gefährdet.
In diesem Fall bleibt zu fragen, ob die Alte Feuerwache von der Stadt ausreichend unterstützt wurde. Als kleines Team war die Einrichtung dem erwarteten Gegenwind wohl nicht gewachsen. Hier wäre die Stadt Mannheim in der Verantwortung, um der Kunstfreiheit in solchen schwierigen Situationen Rückendeckung zu geben.
Quellen: Eigene Recherche, Auskünfte der Stadt Mannheim, der Alten Feuerwache und von Luigi Toscano
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Die geplante Ausstellung von Luigi Toscano in der Alten Feuerwache wurde abgesagt. Der Fotograf vermutet politische Einflussnahme.
Luigi Toscano, international bekannt für seine Porträts von Holocaust-Überlebenden, kehrte nach einer Reise nach Israel mit einem neuen Projekt zurück. In dem Kibbutz Nir Oz, nahe der Grenze zum Gazastreifen, hatte er Überlebende des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 fotografiert. Diese Porträts, unter dem Titel „Schwarzer Shabbat – Black Shabbat“, zeigen 15 Menschen mit geschlossenen Augen, um den Moment der Erinnerung festzuhalten. Die Bilder sollten ein „Mahnmal für die Opfer“ und ein „Appell an die Menschlichkeit in einer von Konflikten gezeichneten Welt“ sein.
Der Streit um die Ausstellung
Ursprünglich sollten die Bilder an die Fassade der Alten Feuerwache projiziert werden, die bereits Toscanos frühere Ausstellung „Gegen das Vergessen“ unterstützt hatte. Laut Toscano habe der Geschäftsführer der Alten Feuerwache, Christian Handrich, dem Projekt zunächst zugestimmt. Doch nach einigen Wochen sei ihm signalisiert worden, dass die Ausstellung doch nicht umgesetzt werden könne.
Toscano erfuhr von zwei Personen, unabhängig voneinander, dass Oberbürgermeister Christian Specht die Ausstellung gestoppt habe. Offiziell bestätigt wurde ihm das nicht, und Toscano räumt ein, dass er keine handfesten Beweise dafür vorlegen könne, aber er habe keinen Grund, an den Aussagen zu zweifeln. „Ich stehe dazu und ich bleibe auch dabei“, sagte Toscano unserer Redaktion auf Nachfrage.
Stadt Mannheim weist Vorwürfe zurück
Die Stadt Mannheim reagierte auf Toscanos Vorwürfe mit einem klaren Dementi. Dirk Schuhmann, Leiter der Pressestelle, erklärte, dass der Oberbürgermeister in die Entscheidung nicht involviert gewesen sei. Das Team der Alten Feuerwache habe eigenständig entschieden, die Ausstellung aufgrund der aktuellen konfliktbeladenen Situation nicht umzusetzen. Die Verantwortlichen hätten befürchtet, dass die kontroversen Reaktionen, die zu erwarten waren, mit den verfügbaren Mitteln nicht angemessen begleitet werden könnten. Auch Christian Handrich, Geschäftsführer der Alten Feuerwache, betonte, dass das kleine Team der Alten Feuerwache nicht die nötigen Ressourcen gehabt habe, um die Ausstellung in diesem Umfeld durchzuführen. Eine Einflussnahme durch den Oberbürgermeister habe es nicht gegeben.
Toscano bleibt skeptisch
Obwohl Toscano die offizielle Absage akzeptiert, bleibt er frustriert über den Ablauf und die fehlende Kommunikation. Er hätte sich gewünscht, in einem Gespräch mit den Verantwortlichen die Angelegenheit direkt zu klären. Besonders, dass er nicht direkt zu einem Gespräch mit Oberbürgermeister Specht eingeladen wurde, irritiert ihn. „Warum werde ich nicht an einen Tisch gerufen, um darüber zu sprechen?“, fragte Toscano. Künftig wolle er sich Absprachen und Entscheidungen schriftlich bestätigen lassen, um ähnliche Missverständnisse zu vermeiden.
Alternative Ausstellung in der Jüdischen Gemeinde
Trotz der Absage in der Alten Feuerwache werden einige der Bilder in Mannheim zu sehen sein. Die Jüdische Gemeinde hat Interesse an Toscanos Projekt bekundet, und vier der Porträts werden dort ausgestellt. Wer die Bilder sehen möchte, muss sich vorab telefonisch beim Gemeindebüro anmelden.
Kunstfreiheit und öffentliche Reaktionen
Die Diskussion um die Toscano-Ausstellung zeigt, wie sensibel das Thema Nahost-Konflikt auch in Mannheim diskutiert wird. Während die Stadt auf Eigenverantwortung und Kunstfreiheit pocht, bleibt Toscanos Eindruck bestehen, dass mehr hinter der Absage stecken könnte. Die Kunstfreiheit, die in Deutschland als hohes Gut gilt, gerät gerade in Konflikten wie dem Nahost-Konflikt unter Druck – oft nicht nur durch tatsächliche Proteste, sondern bereits durch die Angst vor heftigen Reaktionen. Künstlerische Auseinandersetzungen mit politischen und gesellschaftlichen Themen können von vehementen Protesten begleitet werden, was sowohl die Freiheit der Kunst als auch die Bereitschaft von Institutionen, solche Werke zu zeigen, gefährdet.
In diesem Fall bleibt zu fragen, ob die Alte Feuerwache von der Stadt ausreichend unterstützt wurde. Als kleines Team war die Einrichtung dem erwarteten Gegenwind wohl nicht gewachsen. Hier wäre die Stadt Mannheim in der Verantwortung, um der Kunstfreiheit in solchen schwierigen Situationen Rückendeckung zu geben.
Quellen: Eigene Recherche, Auskünfte der Stadt Mannheim, der Alten Feuerwache und von Luigi Toscano
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