Das Verbot gegen Zweckentfremdung soll Wohnraum sichern. Es zeigt Erfolge, Herausforderungen, Grenzen und rechtlichen Nachholbedarf.
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Der spektakuläre Fall aus Neukölln im Mai 2025 war Anlass, die Stadt Mannheim zur Umsetzung ihres Zweckentfremdungsverbots zu befragen. Der Berliner Bezirk Neukölln verhängte kürzlich ein Zwangsgeld in Höhe von 75.000 Euro gegen Eigentümer leerstehender Wohnungen. Dabei handelt es sich nicht um ein Bußgeld, sondern um ein Beugemittel nach Vollstreckungsrecht. Die Stadt Mannheim erklärt dazu: „Das Zwangsgeld ist ein Beugemittel […], das darauf abzielt, eine Person zur Erfüllung einer Verpflichtung zu bewegen. Es wird nicht als Strafe verhängt, sondern dient dazu, eine zukünftige Handlung zu erwirken.“ Bußgelder hingegen ahnden vergangenes Fehlverhalten. Mannheim hat bisher keine Zwangsgelder verhängt.
Zahlen und Fakten: Wie aktiv ist Mannheim?
Seit dem 15. Oktober 2021 gilt in Mannheim das Zweckentfremdungsverbot. Grundlage bildet das Landesgesetz Baden-Württemberg. Die Zuständigkeit für die Überwachung wurde zum 1. Januar 2024 an den Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung übergeben. Dort sind aktuell drei Vollzeitstellen für den Vollzug der Satzung eingerichtet.
Seit Inkrafttreten wurden etwa 230 Hinweise auf Zweckentfremdung aufgenommen. Die meisten beziehen sich auf gewerbliche Fremdenbeherbergung, ein Teil auf langanhaltenden Leerstand. Zwei Bußgeldverfahren mit 1.250 und 2.000 Euro wurden abgeschlossen. Dabei handelt es sich um Sanktionen wegen ordnungswidriger Fremdenbeherbergung.
Die Leerstandsquote liegt laut dem Wohnungsmarkt-Monitoring von Institut empirica und CBRE bei etwa 1,1 Prozent, das entspricht rund 1.400 Wohnungen. Zum Vergleich: Die bundesweite Leerstandsquote betrug 2022 insgesamt 2,5 Prozent. „Ein Mindestmaß an Leerstand ist aufgrund von Wohnungswechseln normal und auch erforderlich“, heißt es von der Stadt. Allerdings stellt sie klar: „Länger als sechs Monate leerstehende Wohnungen stellen in angespannten Wohnungsmärkten wie Mannheim eine Reserve dar, die es zu aktivieren gilt.“
Instrumente gegen Zweckentfremdung
Seit März 2022 besteht eine Registrierungspflicht für Fremdenbeherbergungen. Dadurch kann die Stadt besser kontrollieren, ob Wohnungen ohne Genehmigung zweckentfremdet werden. Plattformen wie „Airbnb“ müssen Auskünfte erteilen und Unterlagen vorlegen, um die Einhaltung der Satzung zu überwachen.
Darüber hinaus nutzt die Stadt sowohl Hinweise aus der Bevölkerung als auch stichprobenartige und anlassbezogene Kontrollen. Eigentümer*innen werden aktiv angesprochen, wenn Leerstände bekannt sind. Rund 120 Anträge auf Genehmigung oder Negativatteste wurden seit Einführung der Satzung gestellt; etwa die Hälfte wurde bereits entschieden.
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Was läuft gut?
Die Satzung trägt laut Stadt deutlich zur Bewusstseinsbildung bei. Stadtsprecherin Corinna Hiss schreibt: „Die zahlreichen Beratungsgespräche haben dazu geführt, dass ein nicht unerheblicher Anteil potentieller Antragsteller dazu bewegt werden konnte, ihr Vorhaben […] nochmals zu überdenken und ihre Wohnung stattdessen dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen.“ Insgesamt fanden etwa 700 Beratungsgespräche statt.
Zudem verteilen sich Verstöße „je nach Art der Zweckentfremdung auf das gesamte Stadtgebiet“ ohne Konzentration auf einzelne Stadtteile. Die Stadt pflegt zudem einen regen Austausch mit anderen Kommunen, dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg sowie dem Städtetag, um die Umsetzung und Durchsetzung zu verbessern.
Wo hakt es noch?
Die Stadt sieht rechtliche und personelle Herausforderungen. Insbesondere fehle es an stärkeren rechtlichen Instrumenten: „Insbesondere braucht es durch den Bundesgesetzgeber ein wirksames Vorkaufsrecht zum Verkehrswert.“ Auch die rechtssichere Nachweisbarkeit von Verstößen und die Durchsetzung bereiten Probleme. Bereits sechs Widerspruchsverfahren sind anhängig, „mehr als ein Dutzend weitere sind zeitnah zu erwarten“.
Die flexible Bußgeldregelung erlaubt zwar eine Anpassung an die Einzelfälle, dennoch stellen sich Schwierigkeiten bei der Durchsetzung dar. Hiss erklärt: „Ein einheitlicher Regelsatz einer Geldbuße würde nicht zwischen den Fällen differenzieren. Eine flexible Regelung, wie sie derzeit besteht, erlaubt eine Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall.“
Ein erster Schritt mit Luft nach oben
Mannheim hat mit dem Zweckentfremdungsverbot ein wichtiges Instrument geschaffen, um Wohnraum zu schützen. Die Stadt setzt auf Registrierungspflichten, Kontrollen und die Beteiligung der Bevölkerung. Personell ist sie dafür zumindest grundlegend ausgestattet.
Trotzdem zeigen sich Grenzen in der rechtlichen Handhabbarkeit und bei der Nachweisführung. Ob die Satzung schon zu einer messbaren Entlastung des Wohnungsmarkts führt, bleibt offen. Die Stadt betont vor allem die Wirkung in der Bewusstseinsbildung und appelliert an Bund und Land, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
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Das Verbot gegen Zweckentfremdung soll Wohnraum sichern. Es zeigt Erfolge, Herausforderungen, Grenzen und rechtlichen Nachholbedarf.
Der spektakuläre Fall aus Neukölln im Mai 2025 war Anlass, die Stadt Mannheim zur Umsetzung ihres Zweckentfremdungsverbots zu befragen. Der Berliner Bezirk Neukölln verhängte kürzlich ein Zwangsgeld in Höhe von 75.000 Euro gegen Eigentümer leerstehender Wohnungen. Dabei handelt es sich nicht um ein Bußgeld, sondern um ein Beugemittel nach Vollstreckungsrecht. Die Stadt Mannheim erklärt dazu: „Das Zwangsgeld ist ein Beugemittel […], das darauf abzielt, eine Person zur Erfüllung einer Verpflichtung zu bewegen. Es wird nicht als Strafe verhängt, sondern dient dazu, eine zukünftige Handlung zu erwirken.“ Bußgelder hingegen ahnden vergangenes Fehlverhalten. Mannheim hat bisher keine Zwangsgelder verhängt.
Zahlen und Fakten: Wie aktiv ist Mannheim?
Seit dem 15. Oktober 2021 gilt in Mannheim das Zweckentfremdungsverbot. Grundlage bildet das Landesgesetz Baden-Württemberg. Die Zuständigkeit für die Überwachung wurde zum 1. Januar 2024 an den Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung übergeben. Dort sind aktuell drei Vollzeitstellen für den Vollzug der Satzung eingerichtet.
Seit Inkrafttreten wurden etwa 230 Hinweise auf Zweckentfremdung aufgenommen. Die meisten beziehen sich auf gewerbliche Fremdenbeherbergung, ein Teil auf langanhaltenden Leerstand. Zwei Bußgeldverfahren mit 1.250 und 2.000 Euro wurden abgeschlossen. Dabei handelt es sich um Sanktionen wegen ordnungswidriger Fremdenbeherbergung.
Die Leerstandsquote liegt laut dem Wohnungsmarkt-Monitoring von Institut empirica und CBRE bei etwa 1,1 Prozent, das entspricht rund 1.400 Wohnungen. Zum Vergleich: Die bundesweite Leerstandsquote betrug 2022 insgesamt 2,5 Prozent. „Ein Mindestmaß an Leerstand ist aufgrund von Wohnungswechseln normal und auch erforderlich“, heißt es von der Stadt. Allerdings stellt sie klar: „Länger als sechs Monate leerstehende Wohnungen stellen in angespannten Wohnungsmärkten wie Mannheim eine Reserve dar, die es zu aktivieren gilt.“
Instrumente gegen Zweckentfremdung
Seit März 2022 besteht eine Registrierungspflicht für Fremdenbeherbergungen. Dadurch kann die Stadt besser kontrollieren, ob Wohnungen ohne Genehmigung zweckentfremdet werden. Plattformen wie „Airbnb“ müssen Auskünfte erteilen und Unterlagen vorlegen, um die Einhaltung der Satzung zu überwachen.
Darüber hinaus nutzt die Stadt sowohl Hinweise aus der Bevölkerung als auch stichprobenartige und anlassbezogene Kontrollen. Eigentümer*innen werden aktiv angesprochen, wenn Leerstände bekannt sind. Rund 120 Anträge auf Genehmigung oder Negativatteste wurden seit Einführung der Satzung gestellt; etwa die Hälfte wurde bereits entschieden.
Was läuft gut?
Die Satzung trägt laut Stadt deutlich zur Bewusstseinsbildung bei. Stadtsprecherin Corinna Hiss schreibt: „Die zahlreichen Beratungsgespräche haben dazu geführt, dass ein nicht unerheblicher Anteil potentieller Antragsteller dazu bewegt werden konnte, ihr Vorhaben […] nochmals zu überdenken und ihre Wohnung stattdessen dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen.“ Insgesamt fanden etwa 700 Beratungsgespräche statt.
Zudem verteilen sich Verstöße „je nach Art der Zweckentfremdung auf das gesamte Stadtgebiet“ ohne Konzentration auf einzelne Stadtteile. Die Stadt pflegt zudem einen regen Austausch mit anderen Kommunen, dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg sowie dem Städtetag, um die Umsetzung und Durchsetzung zu verbessern.
Wo hakt es noch?
Die Stadt sieht rechtliche und personelle Herausforderungen. Insbesondere fehle es an stärkeren rechtlichen Instrumenten: „Insbesondere braucht es durch den Bundesgesetzgeber ein wirksames Vorkaufsrecht zum Verkehrswert.“ Auch die rechtssichere Nachweisbarkeit von Verstößen und die Durchsetzung bereiten Probleme. Bereits sechs Widerspruchsverfahren sind anhängig, „mehr als ein Dutzend weitere sind zeitnah zu erwarten“.
Die flexible Bußgeldregelung erlaubt zwar eine Anpassung an die Einzelfälle, dennoch stellen sich Schwierigkeiten bei der Durchsetzung dar. Hiss erklärt: „Ein einheitlicher Regelsatz einer Geldbuße würde nicht zwischen den Fällen differenzieren. Eine flexible Regelung, wie sie derzeit besteht, erlaubt eine Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall.“
Ein erster Schritt mit Luft nach oben
Mannheim hat mit dem Zweckentfremdungsverbot ein wichtiges Instrument geschaffen, um Wohnraum zu schützen. Die Stadt setzt auf Registrierungspflichten, Kontrollen und die Beteiligung der Bevölkerung. Personell ist sie dafür zumindest grundlegend ausgestattet.
Trotzdem zeigen sich Grenzen in der rechtlichen Handhabbarkeit und bei der Nachweisführung. Ob die Satzung schon zu einer messbaren Entlastung des Wohnungsmarkts führt, bleibt offen. Die Stadt betont vor allem die Wirkung in der Bewusstseinsbildung und appelliert an Bund und Land, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Quellen: Auskunft der Stadt Mannheim, Tagespiegel
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